Dingolfing. Angela Merkel hat sich in ihrer Rede zum Politischen Aschermittwoch für Mindestlöhne stark gemacht. Ansonsten verlieft Tag in diesem Jahr äußerst zahm. Zu den “Höhepunkten“ zählten die Aussprüche von Renate Künast, die FDP-Chef Rösler als “größten Bremser aller Zeiten“ und “Sprechautomaten“ bezeichnete.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Mittwoch die Ausbeutung von Arbeitnehmern durch Niedriglöhne kritisiert. "Wo es keine Tarifverträge gibt, wo Arbeitgeber glauben, mit Arbeitnehmern machen zu können, was sie wollen, dort müssen wir Sorge tragen, dass es vernünftige Lohnuntergrenzen gibt und Menschen nicht einfach ausgebeutet werden", sagte die CDU-Chefin auf dem politischen Aschermittwoch ihrer Partei in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern.

Deshalb werde sich die Union für Mindestlöhne einsetzen. "Wer möchte, dass die Menschen hier im Lande bleiben,... der muss die jungen Menschen auch vernünftig bezahlen", sagte sie mit Blick auf die Niedriglöhne in der Tourismusbranche in dem nordöstlichen Bundesland. Die Union möchte, dass die Tarifpartner künftig einen allgemeinen Mindestlohn für all jene Bereiche beschließen, in denen es bisher keine Regelung gibt. Der Koalitionspartner FDP ist dabei zurückhaltend.

Merkel: Opposition verhindert Entlastung in der Einkommensteuer

Zugleich kritisierte Merkel die Opposition dafür, dass sie die von der schwarz-gelben Koalition gewünschte steuerliche Entlastung in der Einkommenssteuer verhindere. Es sei ihr unverständlich, wieso SPD und Grüne dies ablehnten.Die Grünen haben beim Politischen Aschermittwoch in Biberach vor allem die Bundes-FDP scharf attackiert. Lieblingsziel der Spitzen war der Vorsitzende Philipp Rösler. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast bezeichnete ihn als "größten Bremser aller Zeiten", als "Sprechautomaten". Ihr Vize Fritz Kuhn versuchte sich in Steigerungen auf schwäbisch "von Depp auf Volldepp." Neben dem FDP-Politiker musste auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Kritik einstecken. "Wir haben ihr den Bundespräsidenten und den Atomausstieg aufgezwungen, jetzt folgt die Energiewende", kündigte Künast vor 800 Gästen in Biberach an.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bescheinigte dem Bund beim Thema Energiewende "auf schwäbisch gesagt: Lahmarschigkeit". Wie sich Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) bei der möglichen Deckelung von Photovoltaikanlagen mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) beharke, sei nicht länger hinnehmbar, sagte Kretschmann.

Insgesamt fiel das "Draufhauen" der Landes-Grünen am Mittwoch allerdings sehr sachte aus. Nach knapp einem Jahr in der Regierungsrolle wünschte sich Kretschmann von der CDU lediglich "realistischere und präzisere Kritik". Am Koalitionspartner hatte er nichts auszusetzen. Er spüre bei der SPD zwar immer noch "Phantomschmerzen" nach der Wahlniederlage, zeigte sich aber zuversichtlich: "Die werden sich noch an uns gewöhnen."

Rösler verkauft Gauck-Nominierung als seinen Erfolg


FDP-Chef Philipp Rösler hat die Nominierung von Joachim Gauck zum Bundespräsidenten beim Politischen Aschermittwoch als seinen Erfolg verkauft. Die Liberalen hätten sich für den früheren DDR-Bürgerrechtler eingesetzt, weil dieser das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen könne, sagte Rösler am Mittwoch im bayerischen Dingolfing. Die monatelange Diskussion um Christian Wulff sei quälend gewesen. Gauck müsse und könne nach dem Rücktritt Wulffs dem Amt die Würde wiedergeben.

Unter großem Applaus von rund 400 Parteifreunden verteidigte der Bundeswirtschaftsminister, sich bei der Kandidatenkür von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgesetzt und den Willen der FDP durchgesetzt zu haben - auch auf Kosten des Koalitionsfriedens in Berlin. "Wenn man uns droht, werden wir noch größer." Die FDP, die in den Umfragen nur zwischen zwei und drei Prozent liegt, könne zwar eine Wahl verlieren. Sie dürfe aber nie ihre Überzeugung verraten. Rösler zitierte aus dem Gauck-Buch zur Freiheit der Menschen: "Wir sind nicht zum Scheitern verurteilt."

In der Diskussion um das gerade erst wieder mit Milliardensummen gestützte Griechenland forderte der FDP-Chef mehr Opfer von den Hellenen. "Ohne Leistungsbereitschaft wird es kein Wachstum geben." Es seien immer wieder Zusagen der Griechen nicht eingehalten worden. "Wir werden uns nicht erpressen lassen", sagte Rösler, der seine 40-minütige Rede mit hochgekrempelten Ärmeln bestritt. Auch wenn Griechenland kollabieren könne, müsse weiter gelten: "Keine Leistung ohne Gegenleistung."

Rösler: Gabriel, Steinmeier und Steinbrück sind die Lehman Brothers der Sozialdemokratie

Rösler kritisierte die Finanzbranche, die viele Jahre mit griechischen Wertpapieren viel Geld verdient habe. Es sei gut, dass private Gläubiger bei der Rettung des hoch verschuldeten Landes einen Beitrag leisten müssten. "Die lassen wir nicht aus dieser Verantwortung heraus." Rösler kritisierte zudem sehr spekulative Leerverkäufe und den Hochfrequenzhandel, bei dem Maschinen in Millisekunden Millionen Wertpapiere kaufen und abstoßen können. Jeder Kaufmann bekomme dabei eine Gänsehaut. "Mit sozialer Marktwirtschaft hat das nichts zu tun."

Hart ins Gericht ging Rösler - wie es die Tradition am Aschermittwoch gebietet - mit dem politischen Gegner. "Schulden haben eine Doppelfarbe: rot und grün oder grün und rot. Aber es ist immer der gleiche Mist." Es dürften keine neuen Schulden mehr gemacht werden, das müsse die Lehre aus der Griechenland-Krise sein. Wirtschaftspolitische Ratschläge des SPD-Spitzentrios Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück lehnte er kategorisch ab. "Das sind die Lehman Brothers der deutschen Sozialdemokratie", lästerte Rösler unter Anspielung auf die US-Investmentbank, deren Kollaps die Finanzkrise eskalieren ließ und eine weltweite Rezession auslöste. (dapd, afp, rtr)

Scharfe Attacken gegen die Gegner beim politischen Aschermittwoch

"Die Verursacher müssen endlich für die Krise zahlen" sagt SPD-Chef Sigmar Gabriel beim politischen Aschermittwoch im niederbayrischen Vilshofen. Damit greift er auch Kanzlerin Merkel an, der es "nur um das Vertrauen der Märkte" ginge.

CSU-Chef Seehofer nennt seine Partei beim politischen Aschermittwoch die "Schutzmacht der kleinen Leute" - und hält sich mit Verbalattacken gegen die politischen Gegner weitgehend zurück. Als Übergangs-Bundespräsident könne er dies nicht und bat um Verständnis. Bei der Rente mit 67 und dem Länderfinanzausgleich sieht er aber deutlichen Handlungsbedarf.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast stärkt Bundespräsidents-Kandidat Joachim Gauck den Rücken. Er vertrete den grünen Freiheitsbegriff, sagte sie beim politischen Aschermittwoch in Biberach. Außerdem freue sie sich, dass das "unwürdige Drama und Schauspiel um Christian Wulff" endlich ein Ende gefunden habe. Den FDP-Chef Philipp Rösler bezeichnete sie als "Sprechautomaten".

Auch der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoibert meldet sich beim politischen Aschermittwoch zu Wort. Er hält Gauck für den richtigen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Er fügte hinzu: "Man kann auch mit dem zweiten Aufschlag ein Ass verwandeln."

FDP-Parteichef Philipp Rösler lobt zwar nicht den Kandidaten Gauck - doch er spricht sich nach den Rangeleien um die Bundespräsidentschaftskandidatur für Einigkeit in der Koalition aus. Diie Regierung sei nicht gewählt worden, um sich "in der Öffentlichkeit schön zu streiten", sondern um die Probleme des Landes zu lösen. Allerdings lasse sich die FDP "nicht einschüchtern", betonte er beim politischen Aschermittwoch in Dingolfing.

Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) äußerte sich beim politischen Aschermittwoch zur Rente mit 67 und sprach dabei CSU-Chef Seehofer an: "Lieber Horst, Du bist mit 62 Jahren ein sturmfestes und gestandenes Mannsbild, wer soll eigentlich Bayern nach 2013 die nächsten fünf Jahre regieren, wenn Du die Rente mit 67 infrage stellst", sagte von der Leyen.

Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte die Bundesregierung beim politischen Aschermittwoch in Niederbayern scharf: "Die schwarzen Werte sind noch nie so verkommen gewesen", sagte sie in Landshut.

Linkspartei-Chef Klaus Ernst hat die Kür Joachim Gaucks zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten scharf kritisiert. "Wir waren bei dem Verfahren nicht beteiligt", beklagte Ernst bei der Aschermittwochskundgebung seiner Partei in Jacking bei Passau und fügte hinzu: "Es hätte bessere Kandidaten gegeben, die vielleicht alle verbunden hätten." Er persönlich hätte beispielsweise mit dem ehemaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer "leben können".

Die bayerische FDP-Landeschefin, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, mahnte, es sei "weder Zeit für Drohgebärden noch für Triumphgeheul". Man habe eine "nicht ganz einfache Situation insgesamt gut gemeinsam gemeistert".

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