Hannover. Die Staatsanwaltschaft Hannover bereitet Ermittlungen gegen Bundespräsident Christian Wulff vor. Am Donnerstagabend beantragte die Ermittlungsbehörde die Aufhebung der Immunität des Staatsoberhaupts wegen des Anfangsverdachts der Vorteilsannahme beziehungsweise Vorteilsgewährung.
Die Staatsanwaltschaft Hannover leitet Ermittlungen gegen Bundespräsident Christian Wulff ein. Am Donnerstagabend beantragte die Ermittlungsbehörde die Aufhebung der Immunität des Staatsoberhaupts wegen des Anfangsverdachts der Vorteilsannahme, wie ein Sprecher mitteilte. Damit wird zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein Ermittlungsverfahren gegen einen amtierenden Bundespräsidenten eingeleitet.
Nach umfassender Prüfung neuer Unterlagen und der Auswertung weiterer Medienberichte sehe die Staatsanwaltschaft "zureichende Anhaltspunkte", teilte der Sprecher mit. Auch gegen den Filmunternehmer David Groenewold bestehe ein Anfangsverdacht wegen Vorteilsgewährung.
Wulff ist wie die Parlamentarier auf Bundes- und Landesebene durch die Immunität geschützt. Ein Bundespräsident genießt für die Dauer seiner Amtszeit Immunität. Während dieser Zeit ist er also vor Strafverfolgung geschützt. Allerdings kann der Bundestag die Immunität aufheben. Erst danach kann eine Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen beginnen.
Filmunternehmer Groenewold bezahlte Wulff Aufenthalt in Luxushotel
Der Bundespräsident steht seit Wochen wegen diverser Affären in der öffentlichen Kritik. Der Filmunternehmer Groenewold hatte Wulff und seiner heutigen Ehefrau Bettina 2007 Übernachtungen in einem Luxushotel auf Sylt zunächst bezahlt. Wulff soll diese Auslagen später bar an den Unternehmer zurückgezahlt haben. Groenewolds Firma hatte unter der von Wulff geführten Landesregierung eine Bürgschaftszusage des Landes Niedersachsen erhalten.
Die bei der Staatsanwaltschaft Hannover eingegangenen Anzeigen gegen Bundespräsident Christian Wulff wegen des Kredits und der Urlaubsreisen während seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident hatten zunächst aber nur Vorermittlungen ausgelöst. Es wurde geprüft, ob es einen Anfangsverdacht auf eine Straftat gibt. Dafür muss die Immunität nicht aufgehoben werden.
Immunität des Bundespräsidenten ist im Grundgesetz geregelt
Die Immunität des Bundespräsidenten ist - verklausuliert - im Grundgesetz in Artikel 60, Absatz 4, geregelt. Dort heißt es: "Die Absätze 2 bis 4 des Artikels 46 finden auf den Bundespräsidenten entsprechende Anwendung."
Artikel 46, Absatz 2 schreibt vor: "Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, dass er bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird."
Absatz 3 legt fest, dass die Genehmigung des Bundestages bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit oder zur Einleitung eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten gemäß Artikel 18 (Missbrauch der Freiheit der Meinungsäußerung zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung) erforderlich ist.
In Absatz 4 wiederum heißt es: "Jedes Strafverfahren und jedes Verfahren gemäß Artikel 18 gegen einen Abgeordneten, jede Haft und jede sonstige Beschränkung seiner persönlichen Freiheit sind auf Verlangen des Bundestages auszusetzen."