Washington. . Im Rennen um die kommenden Präsidentschaftswahl scheint sich die Stimmung für US-Präsident Obama zu wenden. Ein in Gang kommender Arbeitsmarkt in den USA torpediert die Strategie der Republikaner. Und im Rennen der Herausforderer hat Mitt Romney an Ansehen verloren.

Acht Milliarden Dollar Jahresgewinn – nicht übel. Schon gar nicht für ein Unternehmen, das vor drei Jahren dem Untergang geweiht war und nur durch eine stattliche Finanzspritze überleben konnte. Der Konzern heißt General Motors, der Mann, der die Spritze verordnete Barack Obama. Die Erfolgsnachricht aus Detroit kommt für den vor wenigen Monaten bereits abgeschriebenen Präsidenten wie gerufen. Wäre es damals nach Mitt Romney, seinem mutmaßlichen Herausforderer bei der Wahl am 6. November gegangen, hätte Amerika ganz in Guttenbergscher Manier den Traditionskonzern GM dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen. Und Hunderttausende Arbeitsplätze wären heute sehr wahrscheinlich futsch.

Die kleine Momentaufnahme fügt sich in ein Bild, das die Republikaner seit kurzem ernsthaft in Sorge bringt. Ihr Bemühen, Obama persönlich für die hohe Arbeitslosigkeit, die instabile Konjunktur und die gigantischen Staatsschulden verantwortlich zu machen und ihn getreu der alten Bill Clinton-Weisheit „It’s the econonmy, stupid“ aus dem Weißen Haus zu mobben, könnte im November an einer allmählich gesundenden Wirklichkeit scheitern.

Gift für die republikanische Strategie

Die jüngsten Meldungen vom Arbeitsmarkt - 240 000 neue Jobs seit Jahreswechsel, Arbeitslosenquote mit 8,3 % so niedrig wie zuletzt vor drei Jahren - sind Gift für die republikanische Strategie, den Amtsinhaber als sozialistisch grundierten Bremser auf dem Bock zu stilisieren. Setzt sich dieser gewiss noch sehr fragile Trend in den kommenden Monaten fort, gepaart mit einem durch eigenes Erleben gesättigten Aufschwung-Optimismus in weiten Teilen der Wählerschaft, verliert Romneys ohnehin strittige Wirtschaftskompetenz weiter an Wert.

Dazu kommt ein anderer wichtiger Baustein. Haarsträubend ungeschickte, steife Redebeiträge des früheren Managers, dessen Firma andere Firmen aufkaufte, zerlegte, Tausende entließ und mit unterschiedlichem Erfolg erneut verkaufte, geben den Wahlkampf-Strategen Obamas im Wochen-Turnus kostenlose Steilvorlagen. Sie können die große Gerechtigkeitslücke in Amerika direkt mit dem 250 Millionen Dollar schweren Ex-Gouverneur von Massachussetts verbinden.

Superreicher contra Suppenküchen

Romneys privater Steuersatz liegt auch wegen findiger Anlagestrategien in Steueroasen deutlich unter dem eines Mittelschichtsverdieners. Gerade in dieser Wählerschicht ist der Anteil von überschuldeten Hausbesitzern, denen Romney staatliche finanzierte Überbrückungskredite verweigern will, besonders hoch. Wenn der Kandidat dann auch noch via Fernsehen hemdsärmelig bekundet, dass ihn die Armen in Amerika nicht sonderlich sorgen, weil sie schließlich von einem funktionierenden Hilfe-Netz aufgefangen würden, wird es angesichts der Realität von Tausenden Suppenküchen und millionenfach ausgegebenen Essensmarken im Lande absurd.

Romney ist bei seinem Schlüssel-Thema extrem verwundbar. Seine Glaubwürdigkeit, die strampelnde Mittelschicht besser vor dem Absturz retten zu können als Obama, hat zusätzlichen Schaden genommen, als bekannt wurde, dass seine Steuerkonzepte zu einer weiteren Entlastung der Reichen und zu noch mehr Belastung für mittlere Einkommen führen würden.

Gerade unter unabhängigen Wählern hat der sich als Bewahrer der „amerikanischen Seele“ gerierende Geschäftsmann trotz erster Vorwahlerfolge stark an Ansehen verloren. Je mehr Amerikaner die politisch in der Reagan-Ära begründetet Kluft zwischen Arm und Superreich als ernste Bedrohung empfinden, desto größer werden die Wiederwahl-Chancen Obamas.