Hannover. Die Debatte um Bundespräsident Christian Wulff im Landtag von Niedersachsen ist eskaliert. Nach einem Zwischenruf um die Verwicklung von Wulff in den “Nord-Süd-Dialog“ drohte Finanzminister Hartmut Möllring mit einer Strafanzeige. Die Sitzung musste unterbrochen werden.
In einer Debatte zu den Affären um Bundespräsident Christian Wulff und seinen ehemaligen Sprecher Olaf Glaeseker ist es im niedersächsischen Landtag zu einem Eklat gekommen. Nach einem Zwischenruf drohte Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) am Freitag mit einer Strafanzeige, die Sitzung wurde unterbrochen. Der Linke-Abgeordnete Hans-Henning Adler hatte Möllring vorgeworfen: "Das wissen Sie doch schon länger", als dieser über die Beteiligung eines Landesbetriebs am privat veranstalteten "Nord-Süd-Dialog" berichtete. Möllring drohte daraufhin mit einer Strafanzeige wegen Verleumdung.
Adler nahm den Vorwurf auch in einer persönlichen Erklärung nicht zurück. Er betonte sogar, er "freue" sich auf die Strafanzeige. Dann könnte er Zeugen benennen, die belegten, dass die Landesregierung über eine Beteiligung der Staatskanzlei in der Regierungszeit von Ministerpräsident Wulff am Nord-Süd-Dialog informiert gewesen sei. Die Sitzung des Landtags wurde auf Antrag der CDU unterbrochen, um im Ältestenrat direkt über den Zwischenruf zu beraten.
Staatskanzelei von Wulff war offenber in "Nord-Süd-Dialog" verwickelt
Entgegen der Aussagen der niedersächsischen Landesregierung war die Staatskanzlei in der Regierungszeit von Ministerpräsident Christian Wulff offenbar doch aktiv in die Vorbereitung des Nord-Süd-Dialogs verwickelt und über einen Landesbetrieb auch finanziell beteiligt. Im Vorfeld des dritten Nord-Süd-Dialogs Ende 2009 habe Wulffs Staatssekretär Olaf Glaeseker um organisatorische Hilfe durch das Veranstaltungsmanagement der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gebeten, sagte MHH-Sprecher Stefan Zorn, der "Neuen Presse".
"Als Landesbetrieb des Landes Niedersachsen sind wir der Bitte der Staatskanzlei natürlich gerne gefolgt", sagte Zorn. 44 Studierende hätten deshalb beim Nord-Süd-Dialog am 11. Dezember 2009 im Flughafen Hannover unter anderem an der Garderobe ausgeholfen.
Nach der Veranstaltung wollte die MHH der Staatskanzlei die Kosten von 5.245 Euro in Rechnung stellen, wie die Zeitung schreibt. Doch die Staatskanzlei habe dies abgelehnt.
Kein Kommentar von Wulff über Razzia bei seinem Ex-Sprecher
Bundespräsident Christian Wulff schweigt zur Razzia bei seinem entlassenen Sprecher Olaf Glaeseker. "Zu laufenden Ermittlungsverfahren kann das Bundespräsidialamt keine Stellung nehmen", hieß es am Freitag aus dem Bundespräsidialamt in Berlin. Im Zusammenhang mit der Affäre um das Staatsoberhaupt war am Vortag Glaesekers Haus im niedersächsischen Wunstorf durchsucht worden.
Das Bundespräsidialamt mache Glaeseker keine arbeitsrechtlichen Vorwürfe, sagte die kommissarische Sprecherin Petra Diroll dem "Tagesspiegel". Aber eine Entlassung sei jederzeit auch ohne Angabe von Gründen zulässig, "wenn die für diese Positionen erforderliche Übereinstimmung nicht mehr vorhanden ist". Glaeseker habe in keinem Beamtenverhältnis gestanden.
Nach Informationen des Blattes entspricht der rechtliche Status von Glaeseker dem eines in den einstweiligen Ruhestand versetzten politischen Beamten. Das bedeute konkret, dass Glaeseker noch bis Ende März Anspruch auf seine vollen und danach für jeden Monat seiner Dienstzeit auf 71,75 Prozent seiner Bezüge hat. Glaesekers Dienstzeit beläuft sich auf rund eineinhalb Jahre. (dapd)