Berlin. . Bundespräsident Christian Wulff stellt es der „Bild“-Zeitung frei, den Wortlaut auf der Mailbox von Chefredakteur Kai Diekmann zu veröffentlichen. Das sagte Wulffs Anwalt in einem Interview. Der Präsident habe keine Angst vor einer Veröffentlichung des Textes. Bundeskanzlerin Merkel hält indes eine Nachfolge-Debatte für überflüssig.
Der Streit um die Nachricht des Bundespräsidenten auf der Mailbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann geht weiter. Christian Wulffs Medienanwalt Gernot Lehr bekräftigte im Deutschlandfunk, Wulff habe die Geschichte über seinen Hauskredit nur aufschieben, aber nicht stoppen wollen. "Der Bundespräsident wollte diese Berichterstattung nicht verhindern", sagte Lehr. Wulff habe in seiner Nachricht lediglich um die Chance gebeten, die Angelegenheit mit der Redaktion zu besprechen.
Wulff, so Lehr weiter, sei bei dem Anruf "in höchster Sorge" um die Privatsphäre seiner Kreditgeberin Edith Geerkens gewesen. Er habe befürchtet, "dass die von ihm der 'Bild' zuvor bereitgestellten Fakten, Unterlagen, Einsicht in die Kreditverträge nicht genügend berücksichtigt würden".
Zu einer möglichen Veröffentlichung der Mailbox-Nachricht sagte der Jurist: "Es ist nicht richtig, dass hier eine große Angst besteht vor einer Veröffentlichung, aber es ist Angelegenheit der 'Bild'-Zeitung, diesen Tabubruch zu begehen." Über diese Frage müsse die "Bild" in eigener Verantwortung entscheiden. "Wenn sie das tun will, dann mag sie es tun", sagte Lehr im Deutschlandfunk.
Anruf beim Springer-Chef
Bei den Anrufen bei Diekmann und dem Vorstandsvorsitzenden des Springer-Konzerns, Mathias Döpfner, ging es um die Recherchen der „Bild“-Zeitung zu einem Privatkredit von 500 000 Euro, den Wulff 2008 als niedersächsischer Ministerpräsident von dem befreundeten Unternehmerpaar Egon und Edith Geerkens erhalten hatte. Nach Darstellung von „Bild“ hatte Wulffs Nachricht das Ziel, die Berichterstattung völlig zu unterbinden. „Bild“ hatte am 13. Dezember erstmals über den Privatkredit berichtet und damit eine Serie kritischer Berichte über den Bundespräsidenten in Gang gesetzt.
Die Debatte um eine mögliche Nachfolge für Bundespräsident Wulff hält Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für überflüssig. Die Kanzlerin sehe keinen Anlass, sich „über einen möglichen Rücktritt des Bundespräsidenten und eine mögliche Nachfolge Gedanken zu machen“, sagte ihr Sprecher Steffen Seibert in Berlin. Seibert dementierte erneut, dass es eine Absprache der drei Koalitionspartner über das Vorgehen bei einem Rücktritt Wulffs gebe. Er dementierte aber nicht, dass zu diesem Thema Beratungen stattgefunden hätten.
Neujahrsempfang am Donnerstag
Seibert bestätigte, dass für diese Woche ein Treffen von Wulff mit Kanzleramtsminister Ronald Pofalla geplant sei. Einen Zusammenhang zu der Affäre um Wulffs Privatkredit und seinen Umgang mit Medien wollte der Sprecher aber nicht herstellen: Es handle sich um „ein von langer Hand geplantes Treffen zweier Politiker, die einander sehr lange kennen“.
Nachdrücklich widersprach Seibert dem Eindruck, dass Merkel den Bundespräsidenten wegen der Affäre meide. Die Kanzlerin werde am Donnerstag zu Wulffs Neujahrsempfang auf Schloss Bellevue kommen und „freut sich auf das Wiedersehen mit dem Bundespräsidenten bei dieser Gelegenheit“, sagte Seibert. „Die Kanzlerin sieht keinen Anlass, den Rhythmus ihrer Begegnungen mit dem Bundespräsidenten in irgendeiner Weise zu ändern."
Kanzlerin telefoniert nicht mit Journalisten
In der Frage des Umgangs mit Medien setzte Seibert einen klaren Unterschied zwischen Merkel und Wulff, der vor allem mit seinen telefonischen Beschwerden beim Springer-Verlag viel Kritik auf sich gezogen hatte. „Sie wissen, dass die Bundeskanzlerin nicht die Gepflogenheit hat, Journalisten anzurufen“, sagte er. Merkel sehe keinen Anlass, ihr „Telefonverhalten“ zu ändern.
Unterdessen hat der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) ein Ende der Debatte um Bundespräsident Wulff gefordert. Zu dem Thema sei inzwischen „alles gesagt“, sagte Bouffier am Montag in Wiesbaden. „Es wäre klug, wenn wir die Debatte jetzt beenden würden“, betonte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende. Es gebe eine ganze Reihe von Herausforderungen für das Land, denen „sollten wir uns jetzt widmen“, fügte Bouffier hinzu. (mit afp/dapd)