Berlin. . Der Verfassungsschutz soll laut einem Medienbericht die Fahndung der Polizei nach dem Neonazi-Trio um Beate Zschäpe behindert haben. Die Verfassungsschützer sollen demnach einen Kontaktmann über Aktionen der Polizei auf dem Laufenden gehalten haben.

Nach dem Abtauchen des Zwickauer Neonazi-Trios im Februar 1998 hat das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) angeblich Fahndungsmaßnahmen der Polizei sabotiert. Wie die "Berliner Zeitung" (Montagausgabe) unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtet, hat das LfV den Thüringer Neonazi-Anführer Tino Brandt über die gegen ihn gerichteten Observationsmaßnahmen der Polizei auf dem Laufenden gehalten. Brandt war damals als V-Mann "Otto" für den Verfassungsschutz tätig.

Dem Neonazi sei demnach mitgeteilt worden, dass die Polizei ihn aus einer angemieteten Wohnung in der Nähe seines Rudolstädter Hauses heraus überwache. Auch hätten seine Verbindungsführer vom LfV Brandt die Fahrzeuge beschrieben, die von dem polizeilichen Observationsteam benutzt werden.

Wusste der Verfassungsschutz, wo sich das Neonazi-Trio aufhielt?

Der Thüringer Verfassungsschutz räumte an Sonntag ein, dass Ende der 1990er Jahre Staatsgelder an das Neonazi-Trio gezahlt werden sollten. Laut Medienberichten soll der Verfassungsschutz auch den Aufenthaltsort der untergetauchten Gruppe zeitweilig gekannt haben. Der damalige Landesverfassungsschutzpräsident Helmut Roewer hatte im November erklärt, die Fahndung nach den 1998 untergetauchten Rechtsextremisten sei "leider erfolglos" gewesen.

Laut "Focus"-Informationen war den Verfassungsschützern zumindest Mitte 2000 das Versteck in Chemnitz bekannt. Das belege ein Observationsfoto des Trios vom 15. Mai 2000, das in die Akten des Thüringer Landeskriminalamtes gelangte und ursprünglich von den Thüringer Verfassungsschützern stammen soll. Die Staatsanwaltschaft Erfurt führt derzeit nach eigenen Angaben Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt "gegen mehrere Personen". Doch könnten die Vorwürfe verjährt sein.

Wirbel um Staatsgelder für falsche Ausweispapiere

Für Wirbel sorgte ein Bericht der Zeitung "Bild am Sonntag", wonach der Thüringer Verfassungsschutz dem Zwickauer Neonazi-Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt über Mittelsmänner mehr als 2.000 D-Mark für gefälschte Pässe zukommen ließ. Der Terrorzelle werden zehn Morde zur Last gelegt. Die Grünen reagierten schockiert. Sollten sich die Angaben bewahrheiten, wäre das ein "Skandal erschreckenden Ausmaßes", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth.

Der Verfassungsschutz räumte die Absicht ein, bestritt aber die Umsetzung. Über einen V-Mann seien einem Dritten zur Beschaffung falscher Ausweispapiere 2.000 D-Mark zugeleitet worden, teilte die Behörde in Erfurt mit. Dass es nicht dazu kam, lag den Angaben zufolge darin, dass die dritte Person das Geld selbst behalten habe. Mit dem Geld wollte der Verfassungsschutz Kenntnis über Tarnidentitäten "zum Zwecke der Ergreifung des Trios" erlangen.

Nach Informationen des Blattes hatte der Verfassungsschutz im Jahr 2000 dem NPD-Funktionär Tino Brandt das Geld übergeben, der unter dem Decknamen "Otto" als V-Mann für die Behörde arbeitete. Weil der Verfassungsschutz die Meldeämter in Sachsen aber nicht einweihte, habe die rechte Terrorgruppe mit neuen Identitäten unerkannt untertauchen können.

Derweil berichteten die "Stuttgarter Nachrichten" (Montagausgabe), dass die gefälschten Pässe, die in den ausgebrannten Ruinen der früheren Wohnung der drei Rechtsterroristen gefunden worden sind, Fälschungen von Laien waren und keine Dokumente, die vom Verfassungsschutz ausgestellt wurden.

Braune Spur zum Wohnhausbrand in Ludwigshafen?

Unterdessen wird weiter nach Verbindungen der rechtsextremistischen Zwickauer Terrorzelle in andere Bundesländer gesucht. Eine neue Spur soll angeblich nach Ludwigshafen führen. Ermittlungen hätten ergeben, dass es in Rheinland-Pfalz eine weitere terroristische Vereinigung gebe, berichtete die "Frankfurter Rundschau" am Samstag. Der Neonazi Malte R. habe Kontakt zu der Terrorgruppe NSU gehabt. Zudem habe er in Ludwigshafen eine maßgebliche Rolle bei der Nazigruppe "Lunara" gespielt und Schießübungen im Ausland organisiert.

Die Ermittlungsbehörden und das rheinland-pfälzische Innenministerium widersprachen dem Bericht. Zugleich wurden Darstellungen zurückgewiesen, Malte R. werde im Zusammenhang mit dem verheerenden Brand in einem von Türken bewohnten Haus in Ludwigshafen im Februar 2008 verdächtigt. Der Brand, bei dem neun Bewohner ums Leben kamen, hatte damals international für Aufsehen gesorgt, weil die Behörden die Ermittlungen einstellten und nicht von einem ausländerfeindlichen Hintergrund ausgingen.