Berlin. . Die BW-Bank hat ihr Schweigen zum umstrittenen Hauskredit an Bundespräsident Christian Wulff gebrochen. Demnach soll der Unternehmer Egon Geerkens Wulff den Kredit empfohlen haben. Wie hoch der abgeschlossene Zins war, ist jedoch weiter unklar.
Der Unternehmer Egon Geerkens hat Bundespräsident Christian Wulff das umstrittene Darlehen bei der BW-Bank empfohlen. Das bestätigte die Bank am Freitag in einer Stellungnahme, in der sie erstmals Details zur Anbahnung des Geschäfts offenlegte. Wulff hatte sich demnach im Herbst 2009 telefonisch bei der BW-Bank gemeldet. Dem sei ein Gespräch von Geerkens mit einem Kundenberater vorausgegangen.
Mit der Mitteilung der Bank tauchen jedoch auch neue Ungereimtheiten um den Wulff-Kredit auf. Demnach hat Wulff nach Angaben der BW-Bank erst kurz vor Weihnachten seinen derzeit gültigen Darlehensvertrag unterzeichnet. Ein im März 2010 mit Wulff abgeschlossener Vertrag sei zu diesem Zeitpunkt in ein langfristiges Darlehen umgewandelt worden, erklärte das Stuttgarter Institut.
Wulff nahm Kreditumwandlung vorweg
Der entsprechende Vertrag sei am 12. Dezember 2011 an Wulff versandt worden. "Dieser wurde von Herrn Wulff am 21. 12. unterschrieben und ging am 27.12. bei der BW-Bank ein", erklärte die Bank. Doch bereits in seiner Erklärung vom 15. Dezember hatte Wulff behauptet, dieses sei inzwischen in einen langfristigen Kredit zu normalen Konditionen umgewandelt worden.
Auch Wulffs Anwalt Gernot Lehr teilte laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" mit, dass die BW-Bank den neuen, unterschriebenen Darlehensvertrag am 12. Dezember an den Bundespräsidenten geschickt habe. Die Zinskonsitionen seien jedoch bereits am 25. November von Wulff und der BW-Bank "fixiert" worden, sagte Lehr dem Blatt laut einer Vorabmeldung vom Freitag. Am 13. Dezember wurde öffentlich bekannt, dass Wulff sein Haus mit Hilfe eines günstigen Privatkredits finanziert hatte - erst am Abend dieses Tages kehrte der Bundespräsident von einer Reise an den Persischen Golf nach Berlin zurück.
Zinsen wohl unter üblichen Konditionen
Mit dem günstigen Kredit der BW-Bank hatte Wulff in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident das Privat-Darlehen der Unternehmer-Gattin Edith Geerkens in Höhe von 500.000 Euro abgelöst.
Die Zinsen für den Bankkredit sollen 0,9 bis 2,1 Prozent betragen haben und damit um die Hälfte niedriger als bei der Immobilienfinanzierung normaler Kunden gewesen sein. Die BW-Bank macht zu Konditionen und internen Kalkulationen weiterhin keine Angaben, obwohl das Ehepaar Wulff sie vom Bankgeheimnis befreit hat.
Allerdings bezweifelt BW-Aufsichtsrätin Roswitha Blind, dass Wulff übliche Zinsen zahlt. Die Bank dürfe Kredite nur zu üblichen Konditionen vergeben, „unabhängig von der Person oder Funktion“, sagte sie der „Frankfurter Rundschau“. „Dieses Kriterium ist nicht eingehalten worden.“ Wenn eine Bank bei allen Kunden so wenig Zinsen verlange wie bei Wulff, „wäre sie bald pleite“.
Aufsichtsrat und Vorstand wussten nichts
Blind, die für die SPD im Stuttgarter Gemeinderat sitzt, verlangte eine außerplanmäßige Aufsichtsratsitzung im Januar. Die turnusmäßige Sitzung am 30. April sei „viel zu spät“, sagte sie. „Es muss aufgeklärt werden, ob seitens der Bank-Mitarbeiter Untreue vorlag und ob alles mit rechten Dingen zuging.“
Aufsichtsrat und Vorstand waren nach Angaben der Bank nicht in die Vergabe der Darlehens eingebunden. Nun würden die Aufsichtsgremien allerdings über umfassend informiert, hieß es.
Wulffs Kredit beschäftigt seit kurzem auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Ihren Angaben zufolge liegen zwei Anzeigen gegen Verantwortliche der BW-Bank vor, in denen es um mögliche Untreue im Zusammenhang mit der Kreditvergabe an den Bundespräsidenten geht.
Staatsrechtler sieht Verfehlung
Der Staatsrechtsprofessor Hans Herbert von Arnim ist „ziemlich sicher“, dass schon das Darlehen von Edith Geerkens an Wulff rechtlich problematisch war. Vermutlich habe der damalige Ministerpräsident gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen. Der zinsgünstige Privatkredit entspreche einem geldwerten Vorteil von „mindestens 20.000 Euro“, zitiert die „Welt am Sonntag“ aus einem Fachaufsatz des Juristen. Diese Summe ist nach Einschätzung von Arnims als Geschenk zu werten. Niedersachsens Regierungsmitgliedern sind „Geschenke in Bezug auf ihr Amt“ laut Ministergesetz untersagt.
Der Wert des Geschenks spreche dafür, dass in diesem Fall „eine Zuwendung in Bezug auf das Amt“ vorliege, urteilt von Arnim. In der 18-seitigen Analyse kommt er laut dem Zeitungsbericht zu dem Ergebnis, dass die Annahme des Kredits zugleich auch einen strafrechtlichen Verstoß wegen Vorteilsnahme im Amt darstellt. Deswegen hält der Jurist staatsanwaltliche Ermittlungen für „unausweichlich“. (dapd/afp)