Berlin. . Es sei ihm ein Bedürfnis, sagt Christian Wulff. Es ist jedenfalls der Ausweg, der ihm bleibt. Eine Geste öffentlicher Zerknirschung. Die Selbstgeißelung vor Kameras und Mikrofonen in einem Repräsentationssaal des Bellevue.
Es sei ihm ein Bedürfnis, sagt Christian Wulff. Es ist jedenfalls der Ausweg, der ihm bleibt. Eine Geste öffentlicher Zerknirschung. Die Selbstgeißelung vor Kameras und Mikrofonen in einem Repräsentationssaal des Bellevue. Sind so rechtzeitig vor Weihnachten die Wogen noch zu glätten?
Es hat zuletzt an Hinweisen und Winken ja nicht gefehlt. „Der Bundespräsident muss vor seiner Weihnachtsansprache am Sonntag alle Karten öffentlich und rückhaltlos auf den Tisch legen“, ließ sich am Morgen die Vorsitzende von „Transparency Deutschland“, Edda Müller, vernehmen.
Es sei ein merkwürdiger Vorgang, wenn der Präsident Fragen der Bürger nur noch von seinen Anwälten beantworten lasse, meinen die Grünen. Wulff müsse „endlich Antworten geben, persönlich und umfassend“.
Nicht zuletzt ist es sein niedersächsischer Landsmann Sigmar Gabriel, der dem Herrn im Bellevue geradezu eine goldene Brücke baut. Niemand könne wünschen, dass jetzt schon wieder ein Bundespräsident zurücktrete, sagt der SPD-Chef. Indes: „Dass nicht er, sondern seine Anwälte kommunizieren, halte ich für unglücklich.“ Er gehe aber davon aus, dass Wulff „alle offenen Fragen persönlich beantwortet“, so Gabriel.
Am frühen Nachmittag dann schickt das Bundespräsidialamt fast zeitgleich zwei Mitteilungen in die Welt. Mit der einen wird eine Erklärung des Präsidenten binnen einer Stunde angekündigt. Die andere enthält die Nachricht von Abschied Olaf Glaesekers, der schon dem niedersächsischen Oppositionsführer Wulff als Pressesprecher zur Seite stand und ihn seither über alle Etappen seines Weges bis ins Bellevue begleitet hat.
Auf Glaeseker dürfte der Satz gemünzt sein, der am Morgen aus dem Munde eines erfahrenen Polit-Kommunikators zu hören ist: „Er war nicht gut beraten.“ Bevor die Anwälte zu Wulffs Verteidigung das Wort führten, tat dies sein Sprecher.
Glaeseker hat, als vor zehn Tagen die Affäre ruchbar wurde, die fatale erste Pressemitteilung redigiert. Die in der Behauptung gipfelte, der Ministerpräsident Wulff habe im niedersächsischen Landtag alle Fragen zu Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmer Egon Geerkens „korrekt beantwortet“.
Ex-Sprecher Glaeseker: „...werde ich leider nicht zurückrufen“
Dass dies nicht so war, sagt Wulff jetzt selbst: Er hätte damals dem Landtag umfassend Auskunft geben müssen. Dass er es nicht getan habe, „war nicht geradlinig, und das tut mir leid“. Ihm sei klar geworden, wie irritierend die Umstände der privaten Finanzierung seines Hauserwerbs auf die Öffentlichkeit gewirkt hätten: „Ich sehe ein, nicht alles, was juristisch recht ist, ist auch richtig.“
Sind das die Worte, die den Unmut besänftigen? Nun ja. Der Präsident habe „eingeräumt, was bekannt war“, doch es bleibe das fade Gefühl des Ungewissen, kommentiert Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Von einer Erklärung, die „längst überfällig“ gewesen sei, spricht SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.
Dagegen lobt FDP-Chef Philipp Rösler „wesentliche Klarstellungen“, und auch Wulffs politische Freunde halten zu ihm. „Ich schätze ihn sehr. Ich bin immer gern mit ihm zusammen. Er ist ein freundlicher, nicht abgehobener Mensch“, rühmt ihn NRW-Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg. Und Patrick Sensburg, Christdemokrat aus Südwestfalen, fragt sich, „ob das nicht zu weit geht“, was die Medien mit Wulff mittlerweile Tag für Tag anstellen: „Ich glaube, er ist ein guter Bundespräsident.“
Von Wulffs bisherigem Sprecher meldet sich am Nachmittag schon nur noch der Anrufbeantworter: „Auch wenn Sie mir eine Nachricht hinterlassen, werde ich leider nicht zurückrufen...“