Essen. Die umstrittenen Parteispenden des Bauunternehmens Kölbl und Kruse im Revier beschäftigen nun auch die Bundestagsverwaltung in Berlin. Bundestagspräsident Norbert Lammert prüft, ob die Spenden an die Oberbürgermeister von Duisburg, Essen und Dortmund gegen das Parteiengesetz verstoßen.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) prüft die umstrittenen Parteispenden im Ruhrgebiet. Ein Sprecher der Bundestagsverwaltung bestätigte der WAZ-Mediengruppe, die Behörde führe „derzeit eine Klärung durch“, ob die Spenden des Essener Baukonzerns Kölbl Kruse an die Oberbürgermeister von Duisburg, Essen und Dortmund gegen das Parteiengesetz verstoßen.
Die Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU, Duisburg), Reinhard Paß (SPD, Essen) und Ullrich Sierau (SPD, Dortmund) hatten in unterschiedlicher Höhe Wahlkampfspenden der Firma erhalten, obwohl diese gleichzeitig in die Ausschreibung oder Bearbeitung von Bauprojekten in den Kommunen engagiert war. Der Paragraph 25 des Parteiengesetzes verbietet solche Spenden dann, wenn sie „erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden“.
Gegen Sierau und Paß wird nicht ermittelt
Während die Staatsanwaltschaft Wuppertal gegen Sauerland ermittelt, ist das bisher in den Fällen Essen und Dortmund nicht der Fall. Dagegen hatte der Ermittlungsrichter festgestellt, dass „auch hinsichtlich der Spenden an die SPD-Unterbezirke Dortmund und Essen der einen Anfangsverdacht deutlich übersteigende Verdacht besteht, dass sie ‚Einflussspenden’ gewesen sind“.
Erst vor kurzem hatte auch der Bundesgerichtshof im Fall des Wuppertaler Oberbürgermeisters Kremendahl geurteilt, dass der „Anschein der Käuflichkeit“ schon dann entsteht, „wenn Spender und Amtsträger davon ausgehen, dass dieser im Laufe der künftigen Amtszeit mit Entscheidungen zu diesem oder jenen Vorhaben des Spenders befasst sein wird“.
Zusammenhang schwer zu beweisen
Dennoch gilt es bisher als juristisch schwierig, einen Zusammenhang zwischen Parteispende und beispielsweise einem Bauauftrag herzustellen. Für den Düsseldorfer Parteienrechtler Prof. Martin Morlok sind deswegen die neuen Fälle aus dem Ruhrgebiet „spannend“. Sie könnten am Ende Aufschluss darüber geben, welche Spenden Kommunalpolitiker annehmen dürfen und welche nicht, sagte er unserer Zeitung.
Mehr Transparenz fordert Jochen Bäumel von der Anti-Korruptions-Organisation „Transparency International“. Er sagte der WAZ-Mediengruppe, zeitnah seien Informationen an die Wähler nötig, wenn ein Unternehmen Wahlkampfspenden gibt. Sein Vorschlag: Lokale Parteiorganisationen und Kommunalpolitiker sollten verpflichtet werden, auf Spenden ab 10.000 Euro in ihren Internetauftritten hinzuweisen.
Wähler hätten ein Anrecht darauf, zu wissen, wer den Wahlkampf eines Kandidaten unterstütze, sagte Bäumel. „Sie können nicht warten, bis ein oder zwei Jahre später die Summe in einer Bundestagsdrucksache als Rechenschaftsbericht der Partei auftaucht“.
Zuminest in Dortmund bestreitet Oberbürgermeister Ullrich Sierau einen Zusammenhang zwischen Spende und seiner Amtstätigkeit. So habe er keine Kenntnis von der Spende gehabt. Der SPD-Unterbezirk in Dortmund halte Amtsträger bewusst in Unkenntnis über die Herkunft der jeweiligen Spenden, wie ein Anwalt Sieraus mitteilte. Zwar seien die Spender gebeten worden, auf den Überweisungsträgern den Zweck der Spende, und damit auch die Unterstützung einzelner Kandidaten anzugeben, allerdings seien die Spenden alleine über den Unterbezirk abgewickelt worden. Sierau habe an keiner Sitzung teilgenommen, auf der über die Spende gesprochen worden sei. Der heutige Dortmunder Oberbürgermeister habe erst am 9. November 2011 von der Kölbl und Kruse-Spende erfahren.
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