Essen. . Die Aktivitäten von Kölbl und Kruse am Dortmunder U-Turm werfen Fragen auf. Grundstücksgeschäfte mit der Stadt Dortmund tragen die Unterschrift des späteren Oberbürgermeisters Ullrich Sierau. Dieser erhielt aber Parteispenden von der Firma.
In der Spendenaffäre rund um die Essener Bauunternehmer Stephan Kölbl und Markus Kruse an die Dortmunder SPD gerät die Rolle des heutigen Oberbürgermeisters Ullrich Sierau in den Fokus. Nach Recherchen der WAZ wurden in den Jahren 2007 und 2010 zwei städtische Grundstücke am Gelände des Dortmunder U-Turmes für die Bauunternehmer Kölbl und Kruse reserviert. Beide Geschäfte tragen die Unterschrift von Ullrich Sierau,
Ein Grundstück konnten Kölbl und Kruse später kaufen, für das zweite Grundstück wurde eine auslaufende Kaufoption im vergangenen Jahr verlängert.
Im Jahr 2009 bekam die SPD für den Wahlkampf ihres OB-Kandidaten Sierau jeweils 4900 Euro von Kölbl und Kruse. Der zuständige Ermittlungsrichter im Spendenverfahren gegen den Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) sah auf dieser Basis den Verdacht der „Bestechlichkeit“ von Sierau als erfüllt an. Die leitende Staatsanwaltschaft lehnte allerdings bislang Ermittlungen in der Sache ab. Gegen Sierau wird nicht ermittelt. Ein Anwalt von Dortmunds OB Sierau erklärte, der von Richter Sdunzik geäußerte Verdacht sei haltlos. Sein Mandant habe nichts mit der Spendenwerbung zu tun gehabt. Dies sei durch eidesstattliche Versicherungen von Sierau und der Geschäftsführerin des Dortmunder Unterbezirkes Christa Becker-Lettow belegt.
VertraulicheVorlage
Tatsächlich haben die Geschäfte von Kölbl und Kruse am Dortmunder U-Turm ihre Merkwürdigkeiten. Beim ersten Geschäft zählte der damalige Stadtdirektor und Betriebsleiter des kommunalen Sondervermögens „Grundstücks- und Vermögensverwaltungsfonds Dortmund“ Sierau zu den Unterzeichnern einer vertraulichen Verwaltungsvorlage. Demnach sollte ein 7000 Quadratmeter großes Grundstück ohne Ausschreibung an die Essener Bauunternehmer Kölbl und Kruse verkauft werden. Das besondere daran: Die Stadt unterzeichnete zunächst nur einen Optionsvertrag auf den Grundstücksverkauf: Demnach mussten Kölbl und Kruse nur kaufen, falls die Stadt einen engen Terminplan erfüllte. Das gleiche galt auch für Kölbl und Kruse. Auch die Unternehmer mussten einen engen Zeitrahmen halten, sonst hätte die Stadt vom Kaufvertrag zurücktreten können.
Im Klartext: Die Unternehmer trugen nur das Risiko, die eigenen Planungskosten in den Sand zu setzen, falls die Option scheiterte – etwa wenn sie keinen Kernmieter für ihr Objekt gefunden hätten und deswegen der Zeitplan gerissen worden wäre. Die Stadt trug dafür das Risiko, das Gelände von Altlasten zu befreien und zu Bauland zu machen. Auf eine Gebühr für die Kaufoption verzichtete die Stadt nach eigenen Angaben, weil Kölbl und Kruse „Vorleistungen (Planungen, Akquisitionen) erbracht hatten.
Der Kaufpreis sollte zudem erst fällig werden, wenn das Grundstück für den Bau hergerichtet worden wäre, also kurz vor Baubeginn im Juni 2009. Das Geld an die Dortmunder SPD mit dem Verwendungszweck „Spende Ullrich Sierau“ floss am 6. und 7. Juli 2009. Kölbl und Kruse sagten, sie hätten Sierau persönlich fördern wollen, weil der Mann ein investorenfreundliches Klima schaffen könne.
Tatsächlich wurden bis heute aus der Option nur 4500 Quadratmeter an die Firma KK8 GmbH & Co. KG verkauft, die der Kölbl-Kruse-Gruppe gehört. Zur Höhe des Kaufpreises und wann er gezahlt wurde will die Stadt nichts sagen. Nur soviel: Es sei ein „sehr guter“ Preis gewesen. Die Option für das Restgelände läuft Ende 2012 aus.
Geschäft mitRWE platzte
Auch das zweite Geschäft mit Kölbl und Kruse unterschrieb Sierau. Mit Hilfe eines Dringlichkeitsentscheides sicherte er – gemeinsam mit einem Ratsmitglied der CDU- – Kölbl und Kruse ein Grundstück im Wert von 3,3 Millionen am Dortmunder U-Turm. Wieder gab es keine Ausschreibung. Kölbl und Kruse wollten für den Energiekonzern RWE ein Bürohaus bauen. Das Grundstück wollten sie für den Fall der Fälle reservieren. Der Rat nahm die Entscheidung Sieraus Ende September 2010 an. Danach platzte das Geschäft mit RWE. Die Option blieb zunächst.
Kölbl und Kruse wollten sich nicht zu den Geschäften äußern. Die Stadt Dortmund erklärte, die fehlenden Ausschreibungen seien nicht zu monieren, da sie rechtlich nicht vorgeschrieben seien. Zudem habe Sierau die Geschäfte immer mit den zuständigen Gremienmitgliedern unterzeichnet.
Sierau selbst bestreitet jedoch einen Zusammenhang zwischen Spende und seiner Amtstätigkeit. So habe er keine Kenntnis von der Spende gehabt. Der SPD-Unterbezirk in Dortmund halte Amtsträger bewusst in Unkenntnis über die Herkunft der jeweiligen Spenden, wie ein Anwalt Sieraus mitteilte. Zwar seien die Spender gebeten worden, auf den Überweisungsträgern den Zweck der Spende, und damit auch die Unterstützung einzelner Kandidaten anzugeben, allerdings seien die Spenden alleine über den Unterbezirk abgewickelt worden. Sierau habe an keiner Sitzung teilgenommen, auf der über die Spende gesprochen worden sei. Der heutige Dortmunder Oberbürgermeister habe erst am 9. November 2011 von der Kölbl und Kruse-Spende erfahren.