Berlin. . Spitzensteuer rauf, Bürgerversicherung für alle, mehr Europa und Solidarität: Die SPD stellt sich neu auf. Erklärtes Ziel der Arbeiterpartei ist die rot-grüne Koalition.
Die SPD will wieder an die Macht im Bund. Auf dem Parteitag in Berlin steckte sie den Kurs dafür ab.
Die Botschaft
Die SPD hat sich nach dem Wahldebakel 2009 neu ausgerichtet und will mit einem „Mitte-Links-Kurs“ nach der nächsten Bundestagswahl in die Regierung einziehen. Der Parteitag spiegelte echte Zuversicht wider und eine lange nicht gekannte Geschlossenheit – die hielt aber nur, weil ein Streit zur Rente einfach vertagt wurde.
Der Kanzlerkandidat
Die K-Frage wurde nicht beantwortet. Von den drei potenziellen Kandidaten hatte Parteichef Sigmar Gabriel den besten Auftritt mit einer bejubelten Rede – das lag auch am Parteitags-Drehbuch, das ihm die Hauptrolle zuwies.
Doch der beste Parteitagsredner ist nicht zwangsläufig der beste Kandidat. Gabriel hat aber demonstriert, dass er die Fäden in der Hand behalten will. Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück hatten glanzlosere Auftritte, Steinbrück bekam sogar einen Dämpfer. Auf der Bühne bemühte sich die Troika um Harmonie. Dass mit Hannelore Kraft eine vierte potenzielle Kandidatin auf den Plan tritt, galt als unwahrscheinlich.
Personelle Aufstellung
Gabriel sitzt als Vorsitzender so fest im Sattel wie schon lange kein SPD-Chef mehr. Seine Position könnte sich aber im nächsten Jahr ändern, wenn Steinmeier oder Steinbrück als Kanzlerkandidaten antreten sollten – dann sind Konflikte möglich. Parteivize Kraft wird als Überraschungssiegerin eine größere Rolle in der Bundes-SPD spielen. Ein Integrationssignal setzte die SPD, indem sie die türkischstämmige Aydan Özoguz zur Parteivize wählte. Die Parteispitze wurde gestrafft, die Mitglieder erhalten mehr Mitbestimmungsrechte.
Der Kurs
Die SPD will sich für die Wahl 2013 als verlässliche Kraft mit regierungstauglichem Programm positionieren. Erklärtes Ziel ist eine rot-grüne Koalition, die Option einer Großen Koalition wird in die Strategie einbezogen. In wichtigen Themenfeldern ist die SPD etwas nach links gerückt – etwa in der Steuerpolitik. Die Parteispitze erklärt das damit, dass auch die Gesellschaft nach links gerückt sei. Der linke Flügel hat zwar keine prominente Führungsfigur, aber deutlich Einfluss . Auf dem Konvent musste er sich aber mit Kompromissen zufrieden geben: Es gelang der Parteilinken nicht, die SPD auf die Festschreibung des heutigen Rentenniveaus zu verpflichten. Statt der Rücknahme der Rentenreform beschloss der Parteitag die Einsetzung einer Kommission, die den Streit schlichten soll.
Der Spitzensteuersatz
Die SPD will den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 42 auf 49 Prozent erhöhen. Der höhere Tarif soll aber erst ab Einkommen von 100 000 Euro greifen, bisher sind es 53 000 Euro. Kapitalanleger sollen auf ihre Zinsen eine Abgeltungssteuer von 32 statt 25 Prozent zahlen. Damit und mit Änderungen etwa bei der Erbschaftsteuer oder einer Börsenumsatzsteuer will die SPD vor allem Gutverdiener und Vermögende mit über 20 Milliarden Euro Steuern zusätzlich belasten. Die Einnahmen und Einsparungen durch Subventionsabbau sollen in Bildung, Schuldenabbau und an die Kommunen fließen. Die Linke ließ ihre Forderung nach einer zusätzlichen Reichensteuer fallen. Als Kompromiss wird geprüft, ob Kapitalerträge wieder dem individuellen Steuersatz unterliegen sollen.
Weitere Beschlüsse
Mit der Bürgerversicherung will die SPD die unterschiedliche Versorgung von gesetzlich und privat Versicherten beenden. Die SPD plädiert erstmals für eine weit reichende direkte Bürgerbeteiligung bei wichtigen Sachfragen. Sie will „mehr Europa“ und Solidarität mit den Schuldenstaaten.