Berlin/Zwickau. . Wie kann die braune Gefahr gebannt werden? Innenminister Friedrich schlägt eine Neonazi-Datei vor. Heute könnten zudem die Ermittler der rechten Mordserie einen Schritt weiter kommen. Das Mitglied des Terror-Trios Beate Zschäpe will aussagen.

Innenpolitiker von Union und FDP suchen nach einem Rezept gegen rechtsextremistische Gewalt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sprach sich am Mittwoch für ein Zentralregister über gefährliche Neonazis aus. Sein niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann (CDU) empfahl ein „Qualitätsmanagement“ für Verbindungsleute (V-Leute) des Verfassungsschutzes. FDP und CSU stritten darüber, ob rechte Gewalttaten mit einem NPD-Verbot oder mit einer neuen Vorratsdatenspeicherung verhindert werden könnten.

Hintergrund sind Ermittlungen zu den drei Jenaer Rechtsextremisten, die in einer Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ verantwortlich sein sollen für die Morde an acht Türken, einem Griechen und einer Heilbronner Polizistin sowie für einen Sprengstoffanschlag in Köln. Der Gruppe haben neben der in Haft sitzenden Beate Zschäpe die beiden tot aufgefundenen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt angehört. In Thüringen und Hessen gibt es Hinweise auf mögliche Verstrickungen von V-Leuten der Landesverfassungsschutzbehörden in die Mordserie.

Nach Informationen der „Stuttgarter Nachrichten“ will Beate Zschäpe an diesem Mittwoch eine umfassende Aussage machen. „Sie will auspacken und berät sich deshalb mit ihrem Anwalt“, zitiert das Blatt einen Beamten aus Ermittlerkreisen.

Friedrich fordert Aufklärung von Thüringen

Friedrich forderte von den Thüringer Sicherheitsbehörden Aufklärung über die Ermittlungen zu dem Neonazi-Trio. „Die Thüringer Sicherheitsbehörden müssen schon erklären, warum 1998 das Trio etwa 13 Jahre lang abtauchen konnte“, sagte der CSU-Politiker dem „Bonner General-Anzeiger“.

Gefährliche Neonazis will Friedrich in einem neuen Zentralregister erfassen. Darin sollten „Daten über gewaltbereite Rechtsextremisten und politisch rechts motivierte Gewalttaten zusammengeführt werden“, sagte Friedrich der „Süddeutschen Zeitung“. Diese Datei solle ähnlich wie die Datensammlung über gefährliche Islamisten aufgebaut und vom Verfassungsschutz sowie Polizei in Bund und Ländern gespeist werden.

Schünemann sagte, er wolle auch künftig V-Leute zur Beobachtung der rechten Szene einsetzen. „Ein Abziehen der V-Leute würde bedeuten, dass wir kaum Informationen über das Tun und Handeln der rechtsextremen Szene erhalten würden, und das wäre fatal“, sagte Schünemann der „Rheinischen Post“. Vielmehr solle man „darüber nachdenken, ein Qualitätsmanagement für V-Leute bundesweit zu implementieren“.

Auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sprach sich in der Zeitung gegen ein Zurückziehen der V-Leute aus.

Uhl plädiert für Vorratsspeicherung

Dagegen sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, der Einsatz von V-Leuten in der rechtsextremen Szene habe offenbar nichts gebracht und stehe einem NPD-Verbotsverfahren im Weg. „Es kann nicht richtig sein, dass ein Verbotsverfahren trotz klarer Verfassungsfeindlichkeit der NPD nicht in Gang kommt, weil der Verfassungsschutz mit seinen V-Leuten zur Bestandsgarantie für die Partei geworden ist“, sagte Ahrendt der „Passauer Neuen Presse“.

Der innenpolitische Sprecher der Union, Hans-Peter Uhl (CSU), wies hingegen Forderungen nach einem neuen NPD-Verbotsverfahren als Aktionismus zurück und forderte stattdessen wieder einmal eine rasche Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung. „Die ganze Republik rätselt, wie groß der braune Sumpf in Deutschland ist. Ohne Internet- und Telefonverbindungsdaten der Zwickauer Zelle dürfte das aber schwer zu klären sein“, sagte Uhl der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Er forderte die FDP auf, ihren Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung aufzugeben.

Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte dem Blatt: „Der Staat wirkt saft- und kraftlos, wenn Politiker alle drei Monate ein NPD-Verbot fordern, der Verbotsantrag dann aber doch nicht gestellt wird.“

Dagegen kündigte Friedrich an, einen neuen Versuch zu prüfen, die rechtsextreme NPD zu verbieten.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte der Zeitung „Die Welt“, ein neuerliches Verfahren zum Verbot der NPD könne nur erfolgreich sein, wenn Ungereimtheiten etwa beim Einsatz von V-Leuten, aufgeklärt seien. (dapd)