Essen. . Die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ gibt den Ermittlern Rätsel auf. Wer waren die Täter? Vor allem, wie konnten sie 13 Jahre lang unerkannt im Untergrund morden und Banken überfallen?

Der Verdacht ist hart: Nach Informationen der WAZ gehen Sicherheitskreise davon aus, dass der Verfassungsschutz den Mördern geholfen hat. Weiter heißt es, der Verdacht könnte sich in den nächsten Tagen erhärten lassen. Zwei Hinweise gebe es, die auf eine Verwicklung des Verfassungsschutzes hindeuten würden: Zum einen besaßen die Mörder illegale Papiere, die legal ausgestellt waren. Diese Art der gefälschten Dokumente kann man nur mit Unterstützung einer Behörde bekommen. Zum anderen fielen die Terroristen seit 1998 bei keiner Kontrolle auf. Es findet sich über sie kaum ein Hinweis im Computer – obwohl nach ihnen gefahndet wurde. Auch das nährt den Verdacht, dass sie gedeckt wurden.

Verdächtige wurden trotz des Sprengstoff-Fundes nicht gleich verhaftet

Schon das Untertauchen der drei Neonazis, die später die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ gründen würden, war merkwürdig. Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe verschwanden spurlos, nachdem bei Razzien in den Wohnungen und Garagen des Trios Sprengstoff und Rohrbomben gefunden worden waren. Seltsam: Die Verdächtigen wurden trotz des Sprengstoff-Fundes nicht gleich verhaftet, sondern erst einmal laufen gelassen, bis sie ganz verschwanden.

Danach suchte die Polizei mit Zielfahndern und Steckbriefen nach dem Bombentrio – erfolglos. Ein Beamter des Landeskriminalamtes notiert, zumindest Zschäpe könnte vom Verfassungsschutz als V-Frau geführt worden sein. Das Amt dementiert empört.

Doch ganz auszuschließen ist eine Kooperation von Teilen des Verfassungsschutzes mit den Terroristen noch nicht. Die Hintergründe dafür könnten in einem Streit im Thüringer Verfassungsschutz liegen, der Ende der 90er Jahre ausbrach. Wie die Thüringer Allgemeine berichtet, hatte sich der Leiter der Abteilung Rechtsextremismus heillos mit dem Chef des Verfassungsschutzes, Helmut Roewer, zerstritten. Der Abteilungsleiter setzte etwa Anordnungen zur Abschaltung eines V-Mannes nicht durch.

Dieser V-Mann war nicht nur NPD-Mitglied, sondern auch Chef der rechtsradikalen Organisation „Thüringer Heimatschutz“, aus der die drei Terroristen stammen. Er war mit dem Trio bestens bekannt und beschreibt sie als Einzelgänger, die als harter Kern der „Kameradschaft Jena“ regelmäßig an Treffen des Heimatbundes teilnahmen. Und an Schlägereien und Hetzjagden auf Ausländer.

Hätte die Bande früher geschnappt werden können

Fraglich ist auch, ob die Bande nicht früher hätte geschnappt werden können. Mitte September 2010 durchsuchten Ermittler das „Braune Haus“ in Jena nach Sprengstoff. Neben der Tür hing damals ein Briefkasten mit der Aufschrift „NPD-Kreisverband Jena“. In der Nacht vor der Razzia hatte die Polizei ein Telefonat von Rechtsradikalen abgehört, die einen Kameradschaftsabend in Westsachsen besucht hatten. Gastredner auf dieser Veranstaltung war der frühere Chef der militanten rechtsextremen Wehrsportgruppe Hoffmann, Karl-Heinz Hoffmann. Die Rechtsradikalen sollen sich bei dem Gespräch über „C4“ unterhalten haben. C4 ist eine Bezeichnung für Plastiksprengstoff.

Aus Ermittlerkreisen hieß es damals, die Soko „Feuerball“ suche nach „Sprengvorrichtungen“ oder nach Anleitungen zum Bau „derartiger Sprengkörper“. Die Ermittler vermuteten, dass die Neonazis einen Anschlag auf Vertreter der Linken geplant hätten. Als konkretes Ziel wurde in den Ermittlungen ein Fahrzeug genannt, das auch die thüringische Landtagsabgeordnete der Linken, Katharina König, benutzte. Die Staatsanwaltschaft Gera bestätigte später nur, Ermittlungen gegen zwei Männer und eine Frau zu führen. Verhaftet wurde niemand.