Kabul. Nach dem Tod von fünf Mitarbeitern will die UNO einen Großteil des ausländischen Personals in Sicherheit bringen. Die meisten der 600 internationalen Mitarbeiter verlassen das Land. Derweil sieht Minister zu Guttenberg den vom deutschen Oberst Klein angeordneten Luftangriff kritisch.

Acht Tage nach dem Anschlag auf ein Gästehaus der Vereinten Nationen in Kabul zieht die UNO einen Großteil ihrer internationalen Mitarbeiter aus Afghanistan ab. Rund 600 Mitarbeiter würden für eine Weile an sicherere Orte gebracht, sagte UN-Sprecher Dan McNorton am Donnerstag in der afghanischen Hauptstadt. Nur Mitarbeiter, die unabkömmlich seien, sollten bleiben. Nach seinen Angaben sollen die meisten der 600 ausländischen Vertreter außerhalb Afghanistans untergebracht werden. Bei dem Angriff Ende Oktober waren mehrere Menschen getötet worden, unter ihnen mindestens fünf ausländische UN-Mitarbeiter.

Guttenberg will NATO-Bericht zu Afghanistan neu interpretieren

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sieht den von dem deutschen Oberst Georg Klein angeordneten Luftangriff auf zwei entführte Tanklastwagen in Afghanistan offenbar kritischer als sein Vorgänger Franz-Josef Jung (CDU). Nach Informationen der «Leipziger Volkszeitung» geht die politische Spitze des Ministeriums nun auf Distanz zur Version von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Jungs, wonach Klein «militärisch angemessen» reagiert habe. Laut dem Blatt wird Guttenberg am Donnerstag die Obleute der Bundestagsfraktionen im Verteidigungsausschuss über seine Sicht unterrichten.

In Abstimmung mit Guttenbergs Vorgänger Jung hatte Schneiderhan den Bundeswehr-Oberst gegen die schweren Vorwürfe verteidigt, die ein als geheim eingestufter NATO-Untersuchungsbericht erhebt. Die «Leipziger Volkszeitung» zitierte nun Vertreter des Ministeriums, wonach Guttenberg «zu einer eigenen Einschätzung kommen» wird. Eine «gewisse Diskrepanz» zwischen den geltenden Einsatzregeln und dem konkreten Verhalten Kleins lasse sich nicht wegdiskutieren, heißt es demnach aus Ministeriumskreisen weiter. Laut Nato-Bericht gab es bei dem Angriff zwischen 17 und 142 Tote und Verletzte, darunter 30 bis 40 Zivilisten. Er wirft Klein vor, gegen die geltenden Einsatzregeln verstoßen zu haben.

Strafverfahren gegen Oberst Klein immer wahrscheinlicher

Nach Informationen der «LVZ» und der in Halle erscheinenden «Mitteldeutschen Zeitung» wird ein Strafverfahren gegen Klein immer wahrscheinlicher. Wie die LVZ unter Berufung auf Dresdner Justizkreise berichtet, deutet «manches» darauf hin, dass die zuständige Dresdner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung von Zivilisten einleiten könnte. (afp)