Kabul. Bei Kämpfen im Zentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am Mittwochmorgen mehrere Mitarbeiter der Vereinten Nationen ums Leben gekommen. Schwer Bewaffnete hatten ein Gästehaus der UNO gestürmt. Bei Gefechten mit der Polizei wurden die Angreifer getötet.
Vor der Stichwahl um die afghanische Präsidentschaft in der nächsten Woche haben die Taliban ihre Drohung einer weiteren Gewalteskalation wahr gemacht. Mit Maschinengewehren bewaffnete Extremisten stürmten am Mittwochmorgen ein von den UN genutztes Gästehaus und töteten neun Menschen, darunter sechs UN-Mitarbeiter, wie die Polizei mitteilte.
Wenig später traf eine Rakete den Präsidentenpalast, eine andere Rakete schlug in einem von vielen Ausländern genutzten Hotel in der afghanischen Hauptstadt ein. Sie explodierte aber nicht.
Taliban bekennt sich zu Anschlag
Ein Taliban-Sprecher bekannte sich im Namen der Aufständischen zu den Anschlägen auf das Gästehaus und das Hotel. Er erklärte, man habe alle gewarnt, die an der Durchführung der Stichwahl zwischen Amtsinhaber Hamid Karsai und dem Exaußenminister Abdullah Abdullah am 7. November mitarbeiteten. «Das war unser erster Angriff», sagte er.
UN-Sprecher Adrian Edwards sagte, sechs UN-Mitarbeiter seien getötet und neun weitere verletzt worden. Unter den Toten ist ein Amerikaner. Unter den Verletzten ist nach afghanischen Angaben möglicherweise auch ein Deutscher. In Berlin wurde dies aber zunächst nicht bestätigt. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts erklärte: «Nach derzeitigem Kenntnisstand sind keine Deutschen betroffen.»
Mindestens drei Kämpfer mit Sprengstoffwesten, Granaten und Maschinengewehren führten den Angriff aus. Nach Angaben eines Sicherheitsmanns trugen sie Polizeiuniformen. Laut Edwards waren 20 UN-Mitarbeiter in dem Gästehaus registriert. Ob sie sich zum Zeitpunkt des Anschlags alle dort aufhielten, war zunächst nicht bekannt. Über den Verbleib einiger ausländischer UN-Mitarbeiter herrschte noch Unklarheit.
UN stellt Afghanistan-Engagement auf Prüfstand
«Das war ein sehr schwerwiegender Vorfall. Solch einen Vorfall hatten wir bisher nicht», sagte er. Man werde nun bewerten, «was das für unsere Arbeit in Afghanistan bedeutet». Nach einem Bombenanschlag auf das UN-Hauptquartier in Bagdad im August 2003, bei dem 22 Menschen getötet wurden, hatten sich die Vereinten Nationen für mehrere Jahre aus dem Irak zurückgezogen.
Ein Polizeisprecher erklärte, unter den Getöteten seien drei Angreifer. Die Sicherheitskräfte hätten das Gebäude inzwischen unter ihre Kontrolle gebracht. Ein Wachmann berichtete, eine Frau habe aus einem Fenster im ersten Stock auf Englisch um Hilfe gerufen. Verängstigte Gäste seien aus Fenstern gesprungen. Es war ein langer Schusswechsel zu hören. Eine riesige Rauchwolke stieg nach dem Anschlag im Bezirk Schar-e-Nau in den Himmel. Flammen waren auf dem Dach des Gästehauses zu sehen. Präsident Karsai verurteilte den Anschlag als unmenschlich und ordnete eine Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen für ausländische Institutionen an.
Auch im Luxushotel Serena brach nach dem Bombeneinschlag Panik aus. Die Lobby füllte sich mit Rauch. Gäste und Angestellte flüchteten in den Keller, wie ein afghanischer Augenzeuge berichtete. Getötet wurde bei dem Angriff niemand, weil die Rakete nicht detonierte. Auch bei dem Anschlag auf den Präsidentschaftspalast gab es nach ersten Angaben keine Opfer. (ap)