Berlin. Ulla Schmidt schämte sich nicht ihrer Tränen. Für die abgewählte Gesundheitsministerin war es nach neun Jahren im Berliner Bundestag ein bewegender Abschied aus dem Amt. Es sei ihr schwerster Tag, gestand die SPD-Politikerin.
Stabwechseln in höchsten Regierungsämtern sind zwei Extreme eigen. Überaus freundliche, zuweilen lobhudelnde Worte. Und mühsam unterdrückte Gefühlsregungen. So war es auch am Donnerstag im Gesundheitsministerium, wo Ulla Schmidt von ihren Mitarbeitern mit lang anhaltendem Applaus in den Ministerruhestand verabschiedet wurde.
Nach neun Jahren Rekordamtszeit rang die Rheinländerin mit den Tränen: "Es hat keinen einzigen Tag gegeben, an dem ich nicht gerne ins Ministerium gekommen bin. Heute ist der schwerste Tag." Es gebe kein anderes Politikfeld, das mit so vielen Ängsten, Hoffnungen und Emotionen verbunden sei wie die Gesundheitspolitik, sagte Schmidt.
Viele Freundschaften entstanden
An diesem Tag trifft dies für sie ganz besonders zu. Die abgewählte Gesundheitsministerin lobt die Loyalität und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter: "Ich habe neun Jahre nur arbeiten können, weil ich mich aufgehoben fühlte." Freundschaften seien entstanden in den nächtelangen Diskussionen um Reformen und höhere Beiträge. Das habe viel Kraft gekostet, sagte Schmidt, "gefühlte 18 oder 27 Jahre" ihres Lebens.
Sie habe kein Problem, sich vom Ministeramt zu trennen. Aber: "Mir fällt es schwer, mich von Ihnen zu trennen." Es wird ganz ruhig in diesem Moment im gläsernen Foyer des Ministeriums an der Berliner Chausseestraße. Doch auch zum Abschied präsentierte Ulla Schmidt ein letztes Mal ihre Kämpfernatur.
An ihren Nachfolger Philipp Rösler (FDP) richtet Schmidt die Warnung: Nach neun Jahren wisse sie, "es gibt keinen Big-Bang in der Gesundheitspolitik". Sonst hätten ihn die Mitarbeiter längst aufgeschrieben. Artig greift der 36-Jährige den Ball auf. Die Gesundheitspolitik gehöre zu den schwierigsten Themenfeldern, sagt Rösler und zollt zugleich seiner Vorgängerin Respekt.
Stilwechsel mit Rösler
Einen politischen Stilwechsel wird es mit ihm auf jeden Fall geben. Ein langjähriger Mitarbeiter der politischen Führungsebene lobt den neuen Minister als besonders höflich und gut erzogen: "So etwas bin ich von den Sozis nicht gewohnt."
Die Belegschaft im Auswärtigen Amt am Werderschen Markt sieht das womöglich anders. Als Frank-Walter Steinmeier seine bewegende Rede im Weltsaal beendet, stehen Hunderte Mitarbeiter auf und klatschen leidenschaftlich Beifall. "Ich gehe, aber ich gehe nicht aus der Welt", sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende.
Sein Nachfolger, Vize-Kanzler Guido Westerwelle, der mit einer dunkle Limousine (Kennzeichen B-GW 2009) gekommen ist, lässt Steinmeier nicht ungelobt davonkommen: "Wir zählen weiter auf Sie, auf ihren klugen Rat." Für seine künftigen Untergebenen hat der Liberale nur Gutes übrig. "Es ist für mich eine große persönliche Ehre, dass ich nun mit den besten Frauen und Männern, die für Deutschland arbeiten, zusammenarbeiten darf."
Lachsalven bei Übergabe
Deutlicher launiger, nicht ganz so staatstragend, ging es bei der Übergabe im Bundeswirtschaftsministerium zu. Immer wieder wurden die Reden von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und seinem Nachfolger Rainer Brüderle (FDP) von Lachsalven unterbrochen.
So attestierte der fröhliche Liberale seinem CSU-Kollegen, den Stellenwert des Haus deutlich nach oben geschraubt zu haben. Nur: "Noch schöner wäre es gewesen, wenn Sie Opel schon abgewickelt hätten", ulkte Brüderle. Er ist es nun, der die Hängepartie um den Autokonzern am Bein hat. Guttenberg ist als Verteidigungsminister auch nicht besser dran. Afghanistans Zukunft ist ebenso ungewiss.