Brüssel/Tripolis. . Die Nato rechnet mit einem nahen Ende des Kampfeinsatzes in Libyen, da der Schutz der Zivilbevölkerung bald gewährleistet sei. Nach dem Scheitern der Verhandlungen über eine friedliche Übergabe der Wüstenstadt Bani Walid steht ein Angriff kurz bevor.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen rechnet mit einem raschen Ende des Militäreinsatzes in Libyen. Die Allianz werde die Mission abschließen, „sobald wir zum Schluss kommen, dass die Bedrohung für die Zivilbevölkerung vorbei ist”, sagte der Däne in einer vorläufigen Bilanz des fünfmonatigen Einsatzes. „Ich erwarte, dass es bald soweit ist.” Ob man Oberst Gaddafi persönlich ausschalte, sei Nebensache.
Vertrauen in die Rebellen
Nach dem UN-Mandat 1973 haben die Nato und ihre Partner in der Operation „Vereinigter Beschützer” (Unified Protector) den Auftrag, Waffen-Lieferungen nach Libyen zu unterbinden, ein Flugverbot durchzusetzen und die Bevölkerung zu schützen. Für die Menschen stellen nach Ansichts Rasmussens nur die verbliebenen Kämpfer des Gaddafi-Regimes eine Gefahr dar. Die Rebellen, die unter dem Dach des Nationalen Übergangsrates (NTC) operieren, hätten hingegen Vertrauen verdient. „Wir sind zuversichtlich, dass der NTC in der Lage ist, einen friedlichen Übergang zur Demokratie sicherzustellen, mit Einhaltung der Menschenrechte, Recht und Gesetz.”
Die Allianz hat laut Rasmussen in Libyen gezeigt, was sie kann: in sechs Tagen eine Truppe aufstellen, die das Zeug habe, eine über vier Jahrzehnte aufgebaute Militärmacht zu zerschlagen. Zugleich seien aber Mängel offenkundig: Bei unbemannten Flugkörpern, bei der Aufklärung und beim Lufttransport seien die europäischen Alliierten zu sehr von den USA abhängig. Nach Rasmussens Vorstellungen soll der Nato-Gipfel im Mai 2012 konkrete Vereinbarungen treffen, die wichtigsten Lücken durch gemeinsame Rüstungsprojekte zu schließen.
Angriff auf Bani Walid steht kurz bevor
Derweil steht in Libyen nach dem Scheitern der Verhandlungen über eine friedliche Übergabe der Wüstenstadt Bani Walid ein Angriff kurz bevor. Ein Vertreter der neuen libyschen Militärführung sagte am Montag, sie warteten auf den Befehl zum Angriff auf die Gaddafi-Bastion.
Vertreter des Nationalen Übergangsrats hatten zuvor tagelang versucht, die Kämpfer des ehemaligen Machthabers Muammar al Gaddafi in der rund 170 Kilometer südöstlich von Tripolis gelegenen Wüstenstadt zum Aufgeben zu bewegen. Am Sonntagabend wurden die Verhandlungen abgebrochen und für gescheitert erklärt. Bani Walid ist neben den Oasenstädten Sabha und Dschufra sowie Gaddafis Geburtsort Sirte eine der letzten Bastionen Gaddafis.
Der Militärsprecher des Übergangsrats, Ahmed Omar Bani, bestätigte unterdessen den Tod des Gaddafi-Sohns Chamis sowie des früheren Geheimdienstchefs Abdullah Senussi. Sie seien in der Nähe von Tarhuna getötet worden. Chamis war der Kommandeur einer Eliteeinheit, deren Basis vergangene Woche nach heftigen Gefechten eingenommen worden war. Den Bewohnern von Tripolis versprach Bani, in den nächsten Tagen die Trinkwasserversorgung wieder herzustellen.
UNO bietet Hilfe an
Der Berater von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, Ian Martin, bot dem Übergangsrat die Hilfe der UNO bei der Organisation von Wahlen an. Martin war am Samstag in Tripolis eingetroffen, um Möglichkeiten zur Unterstützung der neuen Führung zu prüfen. Der Übergangsrat will in acht Monaten eine verfassungsgebende Versammlung wählen; ein Jahr später soll es Parlamentswahlen geben. (mit dapd)