Tripolis. .
Die Libyer feiern den Sturz ihres Herrschers, doch auch ohne Muammar al Gaddafi hat das Land noch viele Probleme.
Tausende Libyer haben am Mittwoch in Tripolis das Ende des Fastenmonats Ramadan und ihre neu gewonnene Freiheit nach dem Sturz von Muammar al Gaddafi gefeiert. Sie versammelten sich auf dem Märtyrer-Platz der Hauptstadt und beteten, während Kämpfer Freudenschüsse in die Luft abgaben. Die Rebellen stellten sich in langen Reihen auf und nahmen den Dank der Menschen entgegen. „Libyen ist frei“ war in begeisterten Rufen auf dem Platz zu hören. Auf dem Bin-Schir-Friedhof in Tripolis gedachten die Menschen der Opfer der sechsmonatigen Kämpfe gegen die Truppen Gaddafis.
Gaddafi soll in Libyen sein
Der langjährige libysche Machthaber Muammar el Gaddafi soll sich nach Erkenntnissen der Rebellen mit großer Wahrscheinlichkeit weiter in Libyen aufhalten. Es sei „zu 80 Prozent sicher, dass Gaddafi immer noch in Libyen ist“, sagte der Militärbeauftragte im Nationalen Übergangsrat, Omar Hariri. Laut Hariri vermuten die Rebellen den untergetauchten Gaddafi in Bani Walid südöstlich von Tripolis, oder in den Vororten der libyschen Hauptstadt. Zuvor hatte der Vizechef des Übergangsrats, Ali Tarhuni, vor Journalisten angedeutet, Gaddafis Aufenthaltsort zu kennen. „Gaddafi ist auf der Flucht. Wir haben eine ziemlich gute Vorstellung davon, wo er ist“, sagte Tarhuni. Die Aufständischen hatten den verbliebenen Gaddafi-Anhängern am Dienstag ein Ultimatum bis Freitag gesetzt, sich zu ergeben. Ihren Angaben zufolge laufen unter anderem Gespräche zu einer friedlichen Übergabe mit den Verantwortlichen in Gaddafis Heimatort Sirte.
EU hebt Sanktionen auf
Die Europäische Union will ihre Sanktionen gegen Libyen teilweise wieder aufheben. Die EU-Länder verständigten sich grundsätzlich darauf, Strafmaßnahmen gegen sechs libysche Häfen außer Kraft zu setzen. Auch die Sanktionen gegen eine Reihe von Unternehmen, darunter mehrere Firmen aus dem Ölsektor, könnten demnach bereits am Freitag aufgehoben werden. In den vergangenen Wochen hatte die EU eine Reihe von Sanktionen gegen Libyen verhängt, darunter Einreiseverbote und Vermögenssperren gegen Vertraute Gaddafis, um das gewaltsame Vorgehen der Behörden gegen Regierungsgegner zu stoppen. Auch die Guthaben von libyschen Unternehmen in der EU wurden eingefroren. Insgesamt hatte die EU die Vermögen von knapp 50 libyschen Unternehmen blockiert.
Unterstützerkonferenz in Paris
Am Donnerstag findet in Paris eine Unterstützerkonferenz für Libyen statt, an der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnehmen will. Den französischen Regierungskreisen zufolge werden auch China und Russland Vertreter zu dem Treffen entsenden. Beide Länder waren gegen den von der Nato geführten Militäreinsatz in Libyen.
Flüchtlinge brauchen Hilfe
Ärzte ohne Grenzen hat die Vereinten Nationen zur schnellen Hilfe für Migranten in Tripolis aufgerufen. In der libyschen Hauptstadt lebten hunderte von Flüchtlingen aus Subsahara-Ländern unter „erschreckenden Verhältnissen und völlig ungeschützt in zwei provisorischen Lagern“, teilte die Ärzte-Organisation am Mittwoch in Berlin mit. Es müsse dringend eine grundlegende Versorgung dieser in und um Tripolis festsitzenden Migranten sichergestellt werden.
Übergangsrat will keine ausländischen Truppen
Der Nationale Übergangsrat der libyschen Rebellen lehnt die Entsendung militärischer Beobachter oder ausländischer Truppen nach Libyen ab. Der UN-Sonderberater Ian Martin sagte am Dienstag nach einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu Libyen, es sei „sehr klar“, dass die libyschen Aufständischen keine Stationierung von UN- oder anderen Soldaten wollten. Die Vereinten Nationen würden nun prüfen, ob der Übergangsrat Polizeihilfe wünsche. (dapd/afp/Reuters/kna)