Berlin. .

Der Chef-Lobbyist der Ärzte drehte den Spieß um: Im Kampf gegen lange Wartezeiten bei Arztterminen müsse man den Medizinern mehr Geld geben und die Arbeitsbedingungen verbessern, forderte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, am Montag.

Damit reagierte er auf einen Gesetzentwurf aus dem Gesundheitsministerium, der zuvor für mächtig Wirbel gesorgt hat. Dieser hätte laut „Spiegel“ dazu führen können, dass die Ärzte weniger Geld bekommen, wenn sie die Patienten zu lange auf einen Termin warten lassen. Die Versicherten, so der Plan, sollten im Notfall direkt im Krankenhaus behandelt werden, was die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten bezahlen müssen. Dann wäre ihnen weniger Geld für die Ärztehonorare geblieben.

Im Lauf des Tages ruderte das Ministerium aber zurück. „Es wird keine gesetzlichen Sanktionen geben“, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums der WAZ und bezeichnete den Entwurf als veraltet. Auch die Gesundheitspolitiker der FDP lehnten die Sanktionsforderungen gegen die Ärzte ab.

Was ist angemessen?

Gleichwohl will Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) gegen „ungerechtfertigte und unbegründete Wartezeiten“ vorgehen. Demnach will er die Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen verpflichten, dass sie definieren, was eine angemessene Wartezeit ist. Dazu gibt es keine pauschale Antwort, sie wird regional unterschiedlich ausfallen. Damit soll die Selbstverwaltung sicherstellen, dass die Patienten zeitnah versorgt werden.

Zurzeit gilt: Langes Warten auf einen Arzttermin ist für viele Patienten ein Ärgernis. In NRW müssen Kassenpatienten im Schnitt 17 und Privatversicherte 14 Tage auf einen Arzttermin warten. Dies geht aus einer BKK-Studie hervor. Bundesweit beträgt die Wartezeit für einen Facharzttermin 24 Tage, bei Augenärzten sind es 37 Tage.

Sanktionen regeln

Ob die Mediziner für lange Wartezeiten mit Abzügen bestraft werden, will Bahr nicht festlegen. „Sanktionen sind von der Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkasse zu regeln“, sagte ein Sprecher. Von dem Vorstoß halten die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) nichts. In der Öffentlichkeit werde der Eindruck erzeugt, Ärzte würden ihren vertragsärztlichen Pflichten nur unzureichend nachkommen, so der Vorsitzende der KV Nordrhein, Peter Potthoff.

Verhaltenes Lob bekam Bahr hingegen von den Krankenkassen. Dass er die Wartezeiten angehe, sei gut, sagte der Vize-Vorstand der Barmer GEK, Rolf-Ulrich Schlenker. Er lehnte sowohl Honorarkürzungen als auch mehr Geld für Ärzte, wie von Montgomery gefordert, ab. „Auch die letzten Honorarsteigerungen hatten keine Effekte bei Qualität und Service“, sagte Schlenker.