Bochum. . Der Arzt Dr. Jan Buckup aus Bochum ärgert sich über das neue Notfalldienst-System. Das Gebiet sei viel zu groß und überlaste das System sowie die Menschen, die darin arbeiten. Seine Patienten müssten mindestens zwei Stunden Buckup warten.
Der Bochumer Arzt Dr. Jan Buckup ärgert sich über viel zu große Bezirke im neuen Notfalldienst-System. Die Patienten ärgern sich über lange Wartezeiten: Zwei Stunden sind die Regel, es können auch zehn werden.
Bei Dr. Jan Buckup bekommt das Wort „erfahrener“ Arzt eine ganz neue Bedeutung. Der langjährige Mediziner fühlt sich zum Fahrer degradiert, genauer gesagt zum Beifahrer der Johanniter, die ihn über ein gigantisches Gebiet von Notfall zu Notfall kutschieren. Der 58-Jährige ist in die Mühlen des neuen Notfalldienst-Systems geraten und spürt das, worüber auch die Patienten seit der Einführung am 1. Februar klagen. Weite Wege, lange Wartezeiten. Ein völlig überlastetes Konstrukt, das den praktischen Arzt verzweifeln lässt.
Mindestens zwei Stunden Wartezeit
„Zwei Stunden müssen die Patienten mindestens auf mich warten, wenn sie die zentrale Notfallnummer 0180/50 44 100 gewählt haben. Es ist auch schon vorgekommen, dass jemand über zehn Stunden ausharren musste“, zieht Buckup eine bittere Bilanz. Ein Beispiel: „Es kommt vor, dass ich in meinem neu eingeteilten, riesigen Bezirk vier Hilferufe gleichzeitig bekomme. Ich bin gerade in Bochum-Dahlhausen, bekomme eine Fahrt nach Altenbochum und Schwelm dazu. Wenn es dann plötzlich auch nach Sprockhövel gehen soll, ist das System überfordert.“ In Sprockhövel habe ein 27-Jähriger auf Hilfe gewartet. „Das war gar nicht mehr zu schaffen. Am Ende habe ich den Rettungswagen gerufen, die Feuerwehr hat ihn ins Krankenhaus gebracht.“ Das sei ungleich teurer gewesen, als wenn ein – besser aufgestellter – Notfalldienst den Mann versorgt hätte.
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Das neu eingerichtete zentrale Call-Center in Duisburg, das seit 1. Februar nicht nur für den Bereich Nordrhein, sondern zusätzlich auch für ganz Westfalen-Lippe zuständig ist, sei völlig überfordert. „Die wissen in der Regel gar nicht, wo sich der Einsatzwagen gerade befindet und schicken ihn kreuz und quer von Termin zu Termin, derweil ein anderer Rettungswagen völlig frei ist.“ Das kann für Hilfesuchende dramatisch werden, wie bei einem Schwelmer, der an einem Donnerstag über starkes Erbrechen in Folge sehr hohen Blutdrucks klagte und dreieinhalb Stunden auf Buckup warten musste: „Eine derart lange Wartezeit kann zu einem Schlaganfall führen, lebensbedrohend sein.“ Was Patienten wissen, die stundenlang in der Telefon-Warteschleife hängen und anschließend unendlich lange auf einen Arzt warten müssen, Buckup spürt es am eigenen Leib: „Ich fühle mich überlastet.“
Neues Callcenter ist überfordert
Vor der Neuordnung durch die Kassenärztliche Vereinigung sei das Notfalldienstsystem besser organisiert gewesen, jetzt bleibe den Patienten oftmals keine andere Wahl als die 112: Die Notrufnummer und somit den Notarzt zu rufen, sei in den meisten Fällen aber völlig unangemessen, viele Hilfesuchende und deren Angehörige wollten unnötige Kosten vermeiden und nicht nur das: „Wenn der Notarzt mit Blaulicht vorfährt, beunruhigt das viele Patienten in unnötiger Weise.“
25 Jahre lang arbeitete Buckup im hausärztlichen Notdienst, für den Verein der Notfallärzte e.V.. Zwei bis vier Ärzte standen nach Praxisschluss zur Verfügung, plus ein bis zwei Arzthelferinnen. „Unsere Notfallpraxis war aber nur für Bochum und Wattenscheid zuständig. In spätestens zwanzig Minuten war ich beim Patienten.“ Jetzt seien in der Regel nur zwei Mediziner über das St.-Joseph-Hospital für eine ganze Region verantwortlich, die sich von Bochum über Herne, Castrop-Rauxel bis nach Hagen, Hattingen, Schwelm, Witten und Breckerfeld erstrecke.
Das alte System funktionierte besser
„Unsere Telefonzentrale war bisher mit erfahrenen Arzthelferinnen besetzt, die konnten einschätzen, wie dringend die Notrufe waren. Sie kannten die örtlichen Verhältnisse und oftmals auch die Anrufer. Da reichte es manchmal, wenn sie ihnen die nächstgelegene Bereitschafts-Apotheke erklärten.“ Das anonyme Call-Center im weit entfernten Duisburg verschlechtere die Lage der Patienten dagegen erheblich.
Die Kassenärztliche Vereinigung verfolge mit der zentralen Notfallnummer in Westfalen-Lippe eine Strategie: „Die sind der Meinung, dass achtzig Prozent der Notrufe Bagatellfälle sind und wollen Patienten durch die langen Wartezeiten abschrecken.“ Dabei funktioniere das bereits vor Jahren am Niederrhein eingeführte System dort doch hervorragend: allerdings mit viel, viel kleineren Bezirken.