Bottrop. .
Ihre Erlebnisse mit dem ärztlichen Notdienst nähren beim Ehepaar Karafiol Zweifel an der Zuverlässigkeit des neuen Systems. Vier Stunden hätten sie bis zum Hausbesuch des Arztes warten müssen, und der Patient sei beim ersten Mal nicht gut versorgt worden.
Maria und Bernhard Karafiol leben in einer Wohnung am Seniorenheim St. Teresa. Weil ihr 76-jähriger Ehemann am Nachmittag Fieber bekam, wählte Maria Karafiol - das hatte ihr eine Mitarbeiterin des Heims empfohlen - die landesweite Notfallnummer. Über dieses Call-Center werden seit Februar die Hausbesuche auch in Bottrop organisiert. Die Bottroperin geriet in die Warteschleife, legte nach 15 Minuten auf, wählte erneut und erreichte eine Mitarbeiterin, die eine zweistündige Wartezeit bis zum Hausbesuch ankündigte. Eine zeitnähere Alternative böte die Rettungsnummer 112. Aber ihr 76-jähriger Ehemann wollte nicht ins Krankenhaus - und sie selbst habe sich Sorgen gemacht, bei einem medizinisch nicht gerechtfertigten Transport ins Krankenhaus auf den Kosten sitzen zu bleiben. Den Weg zur Notfallpraxis am Marienhospital, wo ein Arzt Dienst hatte, traute sich die Ehefrau nicht zu.
Nach vier Stunden, berichtet die Bottroperin, sei der Notarzt gekommen. Er habe ihr bestätigt, dass sie mit Kühlen und Schmerzmittel bisher alles richtig gemacht habe, habe ihren kaum ansprechbaren Ehemann nur flüchtig untersucht und ihm kein Medikament gegeben. Die Frage, ob ihr Mann nach der Diagnose Virusgrippe ins Krankenhaus müsse, blieb unbeantwortet. Maria Karafiol war ratlos: „Ich bin Laie. Man ist doch aufgeregt in so einer Situation.“
Dr. Gregor Postberg hält mehrstündige Wartezeit für zumutbar
Eine medizinisch geschulte Mitarbeiterin des Altenheims schaltete sich ein, rief erneut beim Call-Center an und forderte dringend einen zweiten Besuch eines Arztes an. Eine Ärztin erschien nach zwei Stunden, untersuchte und versorgte den Patienten. „Sie hat sich richtig gekümmert.“ Das Fieber sank, und inzwischen hat Bernhard Karafiol seine Grippe überwunden.
Eine mehrstündige Wartezeit bis zum Hausbesuch hält Dr. Gregor Postberg, Sprecher des Ärztevereins, bei einem nicht lebensbedrohlich erkrankten Patienten für zumutbar, vor allem mit Hinweis auf eine Vielzahl von Grippepatienten. Mit einer Wartezeit hätte der Patient auch früher beim Hausbesuch des eigenen Arztes rechnen müssen, dieser Umstand rechtfertige keine Zweifel am gesamten System. Im Falle einer Verschlechterung sei jederzeit der Notruf 112 zu erreichen, der binnen kurzer Zeit ärztliche Hilfe bedeute.