Lingen. Das Atomkraftwerk Lingen im Emsland bleibt weiterhin abgeschaltet. Zunächst wurde vermeldet, die Anlage sei wegen eines Trafo-Schadens abgeschaltet worden. Nun wird ein Fehler in der Überwachungseinrichtung vermutet. Experten der Atomaufsicht untersuchen den Vorfall.
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Nach dem Atomkraftwerk Krümmel ist auch AKW Lingen im Emsland wegen eines Trafo-Schadens abgeschaltet worden. Eine Überwachungseinrichtung am Stufenschalter eines Maschinentrafos habe das Kernkraftwerk in den frühen Morgenstunden vom Netz getrennt, teilte der Betreiber RWE Power am Freitag in Lingen mit. Als Folge sei eine Reaktorschnellabschaltung ausgelöst worden. Man habe den Vorfall der Stufe 0 der internationalen Störfallskala INES zugeordnet.
Alarm wurde am frühen Morgen ausgelöst
Nach Angaben eines Unternehmenssprechers blieb zunächst unklar, warum die Überwachungseinrichtung um Freitagmorgen gegen 03.00 Uhr Alarm gab. Nach der genaueren Ursache der Schnellabschaltung werde noch gesucht. Die Analysen würden noch rund zwei Tage dauern, solange werde das Atomkraftwerk abgeschaltet bleiben.
Eine Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums sagte, nach ersten Erkenntnissen habe ein Fehler in der Überwachungseinrichtung zu der Schnellabschaltung geführt. Beamte der niedersächsischen Atomaufsicht seien zusammen mit Experten des TÜV vor Ort, um das Ereignis zu untersuchen. Vorsorglich habe man auch den Hersteller des Maschinentrafos informiert. Dieser sei aber augenscheinlich nicht Ursache der Störung. Der Stufenschalter, dessen Überwachungseinrichtung die Schnellabschaltung auslöste, regelt den Strom, den die Turbine des Kraftwerks über den Trafo an das Netz abgibt.
Lingen gehört zu den jüngsten Kernkraftwerken
Das AKW Lingen hat eine Leistung von 1.400 Megawatt. Es produziert seit 1988 Strom und gehört damit zusammen mir den Reaktoren Isar 2 und Neckarwestheim 2 zu den drei jüngsten deutschen Atommeilern. Ab Januar durfte das AKW bis zu seiner Abschaltung noch eine Restrommenge von 131.000 Gigawattstunden produzieren. Eine höhere Strommenge stand nur noch dem Reaktor Neckarwestheim 2 zu.
Der Atommeiler Krümmel wurde am 4. Juli nach einem Kurzschluss in einem Trafo ebenfalls abgeschaltet worden und steht seither still. Das AKW in Schleswig-Holstein war eine Woche vor dem Störfall nach zweijähriger Reparaturpause erstmals wieder ans Netz gegangen.
Akzeptanz für Atomkraft schwindet
Angesichts der Pannenserie im Krümmel schwindet in der Bevölkerung die Unterstützung für die Atomkraft. Nur noch 39 Prozent der Bundesbürger befürworten, dass der Atomausstieg in Deutschland später als im Jahr 2021 erfolgen soll, wie das ZDF-Politbarometer ergab. Eine klare Mehrheit von 55 Prozent unterstützt dagegen den gesetzlich vorgesehenen Ausstieg bis 2021.
Vor einem Jahr sprachen sich noch 54 Prozent für einen späteren Atomausstieg aus. Damals war die Diskussion von hohen Energiepreisen geprägt. Die deutschen Atomkraftwerke halten der aktuellen Umfrage zufolge 61 Prozent aller Befragten für sehr sicher oder sicher und 35 Prozent für weniger sicher oder überhaupt nicht sicher. (AP)