Berlin. . SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die seit der Einigung mit Thilo Sarrazin in der Kritik stehende Generalsekretärin Andrea Nahles verteidigt. Er hätte sich zwar ein anderes Ergebnis gewünscht, ein Ausschluss Sarrazins sei aber nicht infrage gekommen.
Im Streit um den früheren Finanzsenator Thilo Sarrazin hat SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Generalsekretärin Andrea Nahles gegen Kritik aus den eigenen Reihen verteidigt. Nahles habe für die Zustimmung zum Verbleib Sarrazins in der Partei seine „volle Rückendeckung“, sagte Gabriel in einem Zeitungsinterview. Zuvor hatten die hessischen Jusos den Rücktritt der Generalsekretärin gefordert.
Als Bevollmächtigte der Bundes-SPD hatte Nahles am Donnerstag vor Ostern der Beendigung des Ausschlussverfahrens gegen Sarrazin zugestimmt. Sie setzte sich damit scharfer Kritik von Parteikollegen aus, die den früheren Berliner Finanzsenator wegen seiner umstrittenen Thesen zu Migranten in Deutschland aus der SPD verstoßen wollten.
Richtig entschieden
Gabriel wies nun darauf hin, dass die Entscheidung von der zuständigen Berliner Schiedskommission gefällt worden sei, nachdem sich Sarrazin von seinen umstrittenen Thesen distanziert habe. „Aus Sicht dieses Gremiums kam ein Ausschluss damit nicht mehr in Frage, auch wenn ich mir ein anderes Ergebnis gewünscht hätte“, sagte Gabriel dem „Tagesspiegel“. Nahles habe in dieser Lage eine Entscheidung treffen müssen: „Entweder endlos weiter prozessieren oder dem Willen der Schiedskommission folgen und die Erklärung als Einigungsgrundlage akzeptieren.“ Nahles habe in dieser Frage richtig entschieden.
Der Verbleib Sarrazins sorgt in der SPD für erhebliche Unruhe. Der hessische Landesverband der Jusos kritisierte es am Mittwoch als „beschämend“, wie Nahles mit dem Thema umgegangen sei. Sarrazin habe seine „rassistischen und sozialdarwinistischen Äußerungen nicht ausdrücklich zurückgenommen“, hieß es in einer Erklärung, die unter anderem der hessische Juso-Vorsitzende Felix Diehl unterzeichnet hatte. Deswegen müsse Nahles als Generalsekretärin zurücktreten.
Aufruf zum freiwilligen Austritt
Niedersachsens SPD-Chef Olaf Lies forderte Sarrazin in einem Interview mit der in Hannover erscheinenden „Neuen Presse“ zum freiwilligen Parteiaustritt auf. „Wenn ich mich so wie er verhalte, dann muss ich auch die Größe haben, die Konsequenzen zu ziehen und Schaden von der Partei abzuwenden“, sagte Lies. Das Ende des Ausschlussverfahrens sei dennoch richtig gewesen, da eine monatelange Diskussion über einen Ausschluss Sarrazin „viel zu viel Öffentlichkeit gegeben“ hätte.
Auch andere SPD-Politiker stellten sich hinter die Entscheidung, Sarrazin nicht auszuschließen. „Die SPD ist die Partei mit der größten Meinungsvielfalt“, sagte der Chef der NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion, Axel Schäfer, der „Rheinischen Post“. „Es bringt nichts, weiter darüber zu streiten“, sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, der Zeitung.
Erfolg vor Gericht gegen die NPD
Sarrazin erzielte derweil in seinem Bemühen um eine Abgrenzung zum rechtsextremen Lager einen Erfolg vor Gericht. Das Landgericht Berlin untersagte der NPD, Zitate von Sarrazin und seinen Namen für ihre Wahlwerbung zu verwenden, wie aus einem am Mittwoch bekannt gegebenen Beschluss hervorgeht. Zur Begründung für den Eilantrag hatte Sarrazin sich nach Justizangaben darauf berufen, die NPD verteile im Wahlkampf eine Postkarte an Berliner Haushalte, auf der er namentlich mit dem Satz zitiert werde: „Ich möchte nicht, dass wir zu Fremden im eigenen Land werden.“ Dadurch werde der unzutreffende Eindruck erweckt, Sarrazin stelle seinen Namen zur Verfügung, hieß es in dem Antrag. (afp)