In der SPD wächst der Unmut über die Einigung mit Sarrazin
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Berlin.
In der SPD wächst der Unmut über die Entscheidung der Parteispitze, das Ausschlussverfahren gegen den umstrittenen Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin nicht weiter zu verfolgen. „Unsere mühselig aufgebaute Verankerung in der Einwanderer-Community droht Schaden zu nehmen“, sagte Baden-Württembergs SPD-Landeschef Nils Schmid am Montag. Der Berliner SPD-Landeschef Michael Müller erklärte, er hätte sich „ein klares und eindeutiges Urteil gewünscht“.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann warnte, in der SPD dürfe „Sarrazin keine Narrenfreiheit genießen“. Aus Protest gegen das Ende des Verfahrens hat der Gründer des Arbeitskreises jüdischer Sozialdemokraten, Sergey Lagodinsky, seinen Parteiaustritt erklärt. Sarrazin selbst sprach von einem „Sieg der Vernunft“.
Die Spitze der Berliner SPD will am heutigen Dienstag in einer Sondersitzung über die Lage nach dem heftig umstrittenen Ende des Verfahrens beraten. Die Vertreter der Bundes- und Landespartei hatten in der vergangenen Woche ihre Ausschlussanträge zurückgezogen.
Zuvor hatte Sarrazin erklärt, er habe keine sozialdemokratischen Grundsätze verletzen oder Migranten diskriminieren wollte. Hintergrund waren provokante Thesen Sarrazins zur Integration in dessen Buch „Deutschland schafft sich ab“.
Nils Schmid kritisierte die SPD-Spitze scharf dafür, sich auf die Erklärung Sarrazins eingelassen zu haben. „Die dürre Erklärung ist unbefriedigend“, sagte er. „Sein biologistisches Geschwätz war der Kern unseres Vorwurfs, er verhalte sich parteischädigend. Davon hat er sich nicht distanziert.“
„Die Partei ist eingeknickt“
Der Vorsitzende des SPD-Arbeitskreises Migration, Kenan Kolat, warf der Partei vor, sie sei „eingeknickt.“ „Aufgrund einer mickrigen Erklärung alle Anträge zurückzuziehen, ist nicht akzeptabel.“ Kolat, der auch Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland ist, kündigte an, den SPD-Arbeitskreis zu einer Sondersitzung einzuberufen. „Für mich ist Sarrazins Buch eine rassistische Ideologie.“
Aus Protest gegen das Ende des Verfahrens hat der Gründer des Arbeitskreises jüdischer Sozialdemokraten, Sergey Lagodinsky, seinen Parteiaustritt erklärt. Er schrieb in einem Brief an SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles zur Begründung, „als jüdischer Mensch“ habe er die Möglichkeit gesehen, „die lange Tradition der Juden in Deutschland wiederzubeleben, nunmehr gemeinsam mit anderen Minderheiten und Mehrheiten in unserem Lande“. Diese Hoffnung aber sei mit der Rücknahme des Antrags gescheitert. Der Umgang mit Sarrazin sei bezeichnend „für die allgemeine Orientierungslosigkeit der Partei im Umgang mit Vielfalt als brennendem Thema unserer Gegenwart“.
Sarrazin in Duisburg
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Der Berliner SPD-Chef Müller zeigte sich ebenfalls enttäuscht. Die Schiedskommission der SPD Wilmersdorf-Charlottenburg sei offenbar der Auffassung gewesen, „dass der Schaden, der der SPD durch Sarrazins Verhalten entstanden ist, einen Ausschluss nicht gerechtfertigt hätte“. Sarrazin müsse jetzt verstehen, „dass ihn nur noch sehr, sehr wenig mit der Berliner SPD verbindet“, fügte er hinzu.
„Sarrazin darf keine Narrenfreiheit haben“
Die SPD-Linke will Sarrazin keine „Narrenfreiheit“ zubilligen. Wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann sagte, könne Sarrazin „nicht als SPD-Mitglied durch die Medien geistern und abwegige Erbtheorien verbreiten“. Der Verzicht auf einen Parteiausschluss Sarrazins aus der SPD geht „gerade noch an“, wenn sich „Sarrazin ab jetzt zurückhält, und keine kruden Erbtheorien und genetischen Analysen im Namen der SPD mehr verbreitet.“ In der SPD dürfe „Sarrazin keine Narrenfreiheit genießen.“
Sarrazin bezeichnete die Einstellung des Verfahrens als „positiven Beitrag zu den Wahlchancen der SPD“. Der eine oder andere Bürger habe ihm in den letzten Tagen schon gesagt, dass er jetzt auch wieder SPD wählen könne, erklärte er und fügte hinzu: „Die Einigung war ein Sieg der Vernunft.“ (dapd)
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