Tripolis. . Den Sieg über Machthaber Gaddafi haben am Samstag die Aufständischen in Misrata verkündet. Demnach haben sich die Streitkräfte der Regierung zurückgezogen. Unterdessen erklärten die USA, dass erstmals Drohnen Raketen über Libyen abgefeuert hätten.
Die Aufständischen in Misrata haben am Samstag den Sieg über die Truppen des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi ausgerufen. Unter dem Beschuss der Rebellen zogen sich die Streitkräfte der Regierung bis in die Vororte der Stadt zurück. Zuvor hatte der stellvertretende Außenminister Chaled Kaim die fast zweimonatige Belagerung der Rebellenhochburg für beendet erklärt.
Beim Rückzug der Gaddafi-treuen Einheiten kam es am Samstag in den östlichen Außenbezirken von Misrata zu vereinzelten Gefechten zwischen rund 150 Regierungssoldaten und Aufständischen. Im Stadtzentrum besetzten die Rebellen ein achtstöckiges Gebäude, das bislang Scharfschützen der Regierungstruppen als Stützpunkt gedient hatte.
"Als sie die Neuigkeiten gehört hatten, begannen die Menschen wieder frei zu atmen", sagte ein Aktivist der Oppositionsbewegung. "Die Frauen jubelten und fuhren hupend durch die Straßen."
Stämme sollen Kampf gegen Rebellen selbst in die Hand nehmen
Vize-Außenminister Kaim erklärte, Stammesführer hätten dem Militär ein Ultimatum gestellt, wonach es sich zurückziehen solle, wenn es ihm nicht gelinge, die Kontrolle über Misrata zu erlangen. Die Stammesführer würden den Kampf gegen die Rebellen dann selbst in die Hand nehmen, sollten sich diese nicht ergeben.
Auf die Frage, ob das bedeute, dass sich das Militär aus Misrata zurückziehen werde, sagte Kaim, so stelle er sich das vor. Die Verhandlungen zwischen Militär und Stammesangehörigen dauerten jedoch an, fügte er hinzu. "Wir werden es den Stämmen um Misrata und den Bewohnern von Misrata überlassen, mit der Situation in Misrata umzugehen."
Aufseiten der Aufständischen wurde jedoch die Loyalität der örtlichen Stämme zu Gaddafi infrage gestellt. "Der ganze Schritt dient nur dazu, Zeit zu gewinnen", sagte einer der Rebellen. Er gehe von weiteren Angriffen aus.
Misrata ist die drittgrößte Stadt Libyens und wird seit fast zwei Monaten von Gaddafis Truppen belagert. Bei den Kämpfen zwischen Aufständischen und Regierungstruppen kamen hunderte Menschen ums Leben.
In der Hauptstadt Tripolis schlugen am Samstagmorgen zwei Raketen nahe der Residenz von Gaddafi ein. Sie wurden vermutlich von der NATO abgefeuert. Es waren laute Explosionen zu hören, Verletzte soll es aber keine gegeben haben. Unterdessen erklärte das US-Verteidigungsministerium, dass am Samstag erstmals Drohnen vom Typ Predator Raketen über Libyen abgefeuert hätten. Weitere Einzelheiten zu den Luftangriffen der unbemannten Fluggeräte gab das Pentagon jedoch nicht bekannt.
NATO-Angriff auf Militärkomplex südlich von Tripolis
Das Regime in Tripolis gewährte Journalisten Zugang zu einem Stück Land in der Nähe des Militärkomplexes Bab al Asisija, wo sich neben Kasernen auch Wohnräume von Gaddafi befinden. Zu sehen waren zwei Krater, die offenbar von Raketeneinschlägen herrührten. Die Geschosse hatten sich dem Anschein nach durch dicken Stahlbeton gebohrt. Durch die Einschläge wurden unterirdische Gänge freigelegt, die zu einem Bunkersystem zu gehören schienen.
NATO greift Libyen an
Libyschen Regierungsvertretern zufolge wurde das Gelände als Parkplatz genutzt, doch eine Reihe olivfarbener Metallblöcke ließ eher auf ein militärisches Übungsgelände schließen.
Im Osten des Landes seien bei Luftangriffen der NATO am Samstag 26 Kleintransporter und Pkw der Regierung zerstört worden, sagte ein Bataillonskommandeur der Rebellen, Oberst Hamid Hassi. Zwischen dem strategisch wichtigen Ölhafen Brega und der Stadt Adschdabija im Osten des Landes ist die Front bereits vor Wochen zum Stehen gekommen. (dapd)