Tripolis. . 1.000 Flüchtlinge sind aus der libyschen Stadt Misrata in die Rebellenhochburg Bengasi verschifft worden. An Bord waren auch die Leichen von zwei Kriegsfotografen. Europäische Pläne für eine Entsendung von Bodentruppen werden abgestritten.

Mehr als 1.000 Flüchtlinge sind am Donnerstag aus der umkämpften libyschen Stadt Misrata in die Rebellenhochburg Bengasi verschifft worden, an Bord waren auch die Leichen von zwei getöteten Kriegsfotografen. Während die Rebellen im Westen des Landes die Eroberung eines Grenzübergangs nach Tunesien meldeten, stritt der britische Premier David Cameron europäische Pläne für eine Entsendung von Bodentruppen ab.

Die beiden preisgekrönten Kriegsfotografen waren am Mittwoch ums Leben gekommen, als sie Rebellen bei den Kämpfen gegen die Truppen von Machthaber Muammar al Gaddafi begleitet hatten. Der britische Fotograf und oscarnominierte Dokumentarfilmer Tim Hetherington und sein US-Kollege Chris Hondros wurden von einer Mörsergranate getroffen. Zwei weitere Fotografen wurden verletzt.

Cameron schließt Bodentruppen aus

In London schloss der britische Premier Cameron die Möglichkeit aus, dass die Europäische Union Bodentruppen nach Libyen entsenden könnte. Spekulationen darüber waren laut geworden, nachdem mehrere europäische Staaten angekündigt hatten, Militärberater nach Libyen zu entsenden.

„Der UN-Sicherheitsrat setzt uns Grenzen“, sagte Cameron gegenüber der BBC. Man habe „zurecht“ nicht die Erlaubnis, mit Streitkräften einzumarschieren oder das Land zu besetzen. „Das ist nicht das, was wir wollen, es ist nicht das, was die Libyer wollen und es ist nicht das, was die Welt will.“

Eroberung des Grenzpostens Dhuheiba

Schließt Bodentruppen in Libyen aus: der britische Premier David Cameron. (Foto: rtr)
Schließt Bodentruppen in Libyen aus: der britische Premier David Cameron. (Foto: rtr) © REUTERS

Der ehemalige NATO-General und Oberbefehlshaber der KFOR-Truppen auf dem Balkan, Klaus Reinhardt, plädierte in Hinsicht auf die weitere Strategie im Libyen-Konflikt am Donnerstag für Waffenstillstandsverhandlungen mit Gaddafi.

Rebellen im Westen des Landes eroberten unterdessen nach eigenen Angaben einen Grenzübergang nach Tunesien. Die Grenzstation sei nach drei Tagen heftiger Kämpfe gegen Regierungssoldaten unter die Kontrolle der Rebellen gekommen, sagte ihr Anführer Schaban Abu Sitta am Donnerstag.

Die Eroberung des Grenzpostens Dhuheiba konnte nicht unabhängig bestätigt werden, würde aber die Versorgung der Rebellen in die nahe gelegene Stadt Nalut verbessern. Diese war in der Hand der Regierungsgegner, bis sie im vergangenen Monat von den Truppen Gaddafis zurückerobert wurde.

Hilfslieferungen nach Misrata

Auch in Misrata tobten die Kämpfe weiter. Die toten Kriegsfotografen Tim Hetherington und Chris Hondros wurden im Hafen der Stadt an Bord einer überfüllten Fähre gebracht, die insgesamt 1.000 Menschen aus der belagerten Stadt in Sicherheit bringen sollte - die meisten von ihnen Libyer oder afrikanische und asiatische Arbeiter. In Bengasi wurden sie von Mitarbeitern von Hilfsorganisationen und Ärzten erwartet. Ein weiteres Schiff mit 500 Tonnen an Hilfslieferungen solle dann nach Misrata zurückkehren, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit.

Der geborene Brite Hetherington war 2010 für seinen Dokumentarfilm „Restrepo“ über US-Soldaten in einem Außenposten in Afghanistan für einen Oscar nominiert. Noch am Dienstag schrieb der 40-Jährige auf Twitter: „In der belagerten libyschen Stadt Misrata. Willkürlicher Artilleriebeschuss durch Gaddafi-Truppen. Keine NATO in Sicht.“ Er arbeitete für das Magazin „Vanity Fair“. Für seine Fotos von US-Soldaten im Korengal-Tal in Afghanistan gewann er den Preis „World Press Photo of the Year“.

Der 41-jährige Hondros berichtete seit den späten 90er Jahren aus verschiedenen Konfliktregionen, darunter aus dem Kosovo, Irak und Afghanistan. Seine Fotos erschienen in renommierten Magazinen und Zeitungen auf der ganzen Welt. Ihm wurden unter anderem der „World Press Photo“-Preis und die „Robert Capa Gold Medal“ verliehen, die höchste Auszeichnung für Kriegsfotografen. (dapd)