Berlin. .

Guttenberg hat in der Plagiatsaffäre nach Einschätzung von Juristen aus Vorsatz gehandelt. Wie der „Spiegel“ am Samstag vorab berichtete, sehen mehrere namhafte Juristen die Beweise als erdrückend an.

Der auf Streitereien um Examensarbeiten spezialisierte Rechtsanwalt Michael Hofferbert sagte dem Magazin: „Kein Richter wird einem Kandidaten glauben, der über hundert Seiten seiner Doktorarbeit abschreibt und hinterher behauptet, er habe dies versehentlich getan.“

Ähnlich bewerte der Kölner Strafrechtsprofessor Thomas Weigend den Fall. „Ich würde einem Kandidaten nicht glauben, der in einem Fall behauptet, dass es bloße Fahrlässigkeit war.“ Der frühere Verfassungsrichter Winfried Hassemer sagte, selbst wenn der faktische Beweis nicht vorliege, seien Juristen gut darin geübt, „den Vorsatz aus den äußeren Umständen einer Tat zu schließen“.

Guttenberg hat sich bisher stets gegen den Vorwurf des Vorsatzes verwahrt und lediglich „gravierende handwerkliche Fehler“ eingeräumt. Vor diesem Hintergrund hat ihm die Universität Bayreuth den akademischen Titel wieder entzogen.

SPD-Chef Gabriel hält Guttenberg für "Minister auf Abruf"

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) persönlich scharf angegriffen und die Vermutung geäußert, dieser habe aus einem Minderwertigkeitskomplex heraus bei seiner Doktorarbeit geschummelt. „Herr zu Guttenberg hat keine abgeschlossene Berufsausbildung, da er das zweite Staatsexamen nicht gemacht hat. Offenbar hat er darunter gelitten, dass er trotz der großen Familientradition auf diesem Gebiet nichts vorzuweisen hat“, sagte Gabriel der „Bild am Sonntag“. Dieses vermeintliche Manko habe er wohl mit einem erschwindelten Doktortitel zu heilen versucht.

Zudem warf Gabriel Guttenberg vor, mit seinem Verbleib im Amt der Bundeswehr nachhaltig zu schaden. „Herr zu Guttenberg ist jetzt ein Minister auf Abruf, ein Minister von Merkels Gnaden. Er ist am Kabinettstisch auf das Mitleid des Finanzministers und der Kanzlerin angewiesen, wenn er etwas für die Bundeswehr durchsetzen will“, sagte Gabriel der „Bild am Sonntag“ laut Vorabbericht. Damit sei der Verteidigungsminister „zum Risiko für die Bundeswehr geworden“.

Gabriel sagte, eine sachliche Zusammenarbeit mit Guttenberg beim Afghanistan-Einsatz oder der Bundeswehrreform werde „sicher sehr, sehr schwer“. Auch sei für die SPD die Plagiatsaffäre nicht erledigt, weil Guttenbergs „sogenannte Entschuldigung“ schon wieder den Verdacht nahelege, „dass er lügt“. Der Verteidigungsminister behaupte, er habe unwissentlich Fehler gemacht. „Aber niemand kann ernsthaft glauben, dass jemand unwissentlich auf 286 von 396 Seiten seiner Doktorarbeit abschreibt.“

Guttenberg tue sich im Übrigen selbst keinen Gefallen, „an seinem Amt zu kleben“, sagte der SPD-Chef weiter. Würde er zurücktreten, könnte er in einigen Jahren seine Karriere fortsetzen. „So bleibt er für immer beschädigt und kann die so wichtigen Begriffe wie Ehre, Wahrhaftigkeit und Verantwortung nicht mehr in den Mund nehmen.“

Wissenschaftler warnt vor Verharmlosung

Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Matthias Kleiner, hat im Fall Guttenberg davor gewarnt, Plagiate in der Wissenschaft als Kavaliersdelikt zu verharmlosen. Geistiges Eigentum in der Wissenschaft sei genauso wertvoll wie materielles Eigentum. „Dies muss von Gesellschaft und Politik wohl noch bewusster mitgetragen werden“, sagte Kleiner dem Berliner „Tagesspiegel“ (Samstagausgabe).

Für die Annahme, dass in Deutschland bei wissenschaftlichen Arbeiten oft getäuscht wird, sieht Kleiner jedoch keinen Anlass. Die Zahl der Verstöße sei „gemessen an der Gesamtzahl der Personen und Projekte in der Wissenschaft sehr gering“, sagte er. Seit 1999 seien dem von der DFG eingesetzten Ombudsman für die Wissenschaft insgesamt 400 bis 500 Verdachtsfälle auf wissenschaftliches Fehlverhalten mitgeteilt worden, von denen ein Zehntel Plagiate betrafen. Die Zahl der tatsächlichen Fälle sei noch geringer gewesen. (afp/dapd)