Essen. . So langsam ist die Luft raus aus der Diskussion um Verteidigungsminister zu Guttenbergs gefälschte Doktorarbeit. Ja, er hat seine Schuld gestanden. Nein, er wird nicht zurücktreten. Maybritt Illners Gesprächsrunde mit dem Thema „Meinungskrieg um Guttenberg – verdient der Minister eine zweite Chance?“ wirkte darum mehr als überflüssig.

„Man klaut nicht andere Gedanken“, stellte die jüngste Diskussionsteilnehmerin, eine Lehramtsstudentin der Universität Bayreuth, mit trotziger Selbstverständlichkeit fest. Neu ist diese Aussage nicht, wurde sie doch in den vergangen Tagen gründlich in der Öffentlichkeit durchgekaut. Trotzdem erntet die junge Frau begeisterten Beifall – wohl auch, weil ihr Beitrag einer der wenigen Lichtblicke in dieser ansonsten eher trockenen Talkrunde bei Maybrit Illner war.

Rücktritt ja oder nein – das war hier die Frage. Und dazu verlangte die Moderatorin von jedem Gast eine klare Antwort. Manch einer gehorchte. Gegen den Rücktritt etwa plädierte Wolfgang Bosbach, CDU-Mitglied und Vorsitzender im Bundestags-Innenausschuss. Aber für die Zukunft des moralisch angeschlagenen Ministers riet er: „Guttenberg hat selber die Latte sehr hoch gelegt und muss sich heute daran messen lassen.“ Weniger Kerner und mehr Arbeit – so könne er sich rehabilitieren.

Als Minister noch nichts erreicht

Die meisten Gäste drückten sich jedoch um eine eindeutige Antwort, ob Guttenberg im Amt bleiben soll oder nicht. „Zu diesem Zeitpunkt sollte er nicht zurücktreten“, meinte etwa der BILD-Redakteur Nikolaus Blome. „Er ist ein guter Minister.“ Schließlich kamen die Gäste zu dem Konsens, dass der Ex-Doktor eine zweite Chance verdient habe. Nur der skandalerprobte Publizist Michel Friedman wirft ein: „Eine zweite Chance stimmt nicht. Er hat doch die erste immer noch, die man ihm als Verteidigungsminister gegeben hat.“ Außerdem, so Friedman, könne Guttenberg mitnichten auf ein politisches Lebenswerk zurückblicken, denn zu Ende gebracht habe er noch nichts. Als Wirtschaftsminister habe er nichts erreicht, und als Bundesverteidigungsminister sein erstes großes Projekt, die Bundeswehrreform, gerade einmal angestoßen.

Der Ansicht, dass Guttenberg in seinem Amt bleiben soll, sei auch der Großteil der Bürger, wie Maybritt Illner informierte. Ihre eigene Umfrage etwa kam zu dem Ergebnis, dass 76% der Befragten nicht möchten, dass Guttenberg zurücktritt. Nur 21% waren dafür. Die BILD hatte aus ihrer jüngsten Umfrage ähnliche Schlüsse gezogen. Dass beide Umfragen nicht repräsentativ seien, gab den Diskussionsteilnehmern zwar Anlass zu kleinlauter Kritik, änderte aber nichts an der Tatsache: Die Bürger vertrauen dem Verteidigungsminister noch immer.

Alle Politiker-Promotionen auf dem Prüfstand

Schon machte sich Argwohn breit. Vielleicht interessiert Otto Normalwähler sich überhaupt nicht für diesen doch eher akademischen Streit um Fußnoten und Zitate? Die taz-Journalistin Bettina Gaus mutmaßte gar, dass die Zustimmung der Bürger eine politische Trotzreaktion sein könnte: „Die Meinung Vieler ist doch: Ach, die tun das doch alle!“ Michel Friedman hingegen glaubte, dass sich Guttenberg nur durch die Unterstützung der Regierung so lange über Wasser halten konnte. „So lange die Gruppe ihn hält, braucht er nichts zu fürchten.“

Was bleibt also zu sagen, zu dieser Diskussion, die keine mehr ist? Professor Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg, wagt schließlich einen Blick in die Kristallkugel und sieht eine vielversprechende Entwicklung: „Jetzt werden sicherlich alle Politiker-Promotionen in die Software eingegeben um zu schauen, ob etwas abgeschrieben ist.“