Berlin. . Die Affäre rund um die Doktorarbeit von Freiherr Karl-Theodor zu Guttenberg erzürnt mehr und mehr auch die Wissenschaftler. Der Bayreuther Staatsrechtler Oliver Lepsius nennt zu Guttenberg gar „einen Betrüger“.

Die Plagiats-Affäre des Verteidigungsministers sorgt für Frosttemperaturen im Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik. Der Deutsche Hochschulverband, Interessenvertretung von 26.000 Wissenschaftlern, macht massiv Front gegen den als verharmlosend empfundenen Umgang mit der in weiten Teilen abgeschriebenen Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg.

„Die Marginalisierung schwer­sten wissenschaftlichen Fehlverhaltens durch höchste Repräsentanten unseres Staates ist empörend“, sagte DHV-Präsident Bernhard Kempen gestern mit Blick auf Äußerungen der Bundeskanzlerin. Angela Merkel betonte, sie habe einen Verteidigungsminister und keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter in die Regierung berufen. Wolfgang Marquardt, Vorsitzender des Wissenschaftsrates, der die Re­­gierung in allen wichtigen Forschungsfragen berät, warnte davor, den Ruf der hiesigen Wissenschaft durch „die Bagatellisierung wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ zu be­schädigen.

In der Wissenschaftsgemeinde ist ein Satz des Bayreuther Staatsrechtler Oliver Lepsius mehrheitsfähig. „Wir sind einem Betrüger aufgesessen", hatte er der FAZ gesagt. Ob Guttenberg nach der Aberkennung des Doktortitels strafrechtliche Ermittlungen we­gen Verletzung des Urheberrechtes zu gewärtigen hat, ist offen. Die zuständige Staatsanwaltschaft im bayrischen Hof erklärte, sie werde die in­ternen Untersuchungen der Uni Bayreuth abwarten. Dort soll in den nächsten Monaten geprüft werden, ob Guttenberg mit Täuschungsabsicht ge­­schummelt hat.

Guttenberg verliert bei Bürgern an Sympathie

Die Plagiatsaffäre wirkt sich drastisch auf die bis dahin glänzenden Umfragewerte des CSU-Politikers aus. Laut ZDF-Politbarometer rangiert Guttenberg nur noch hauchdünn vor Angela Merkel. So­mit bleibt er zwar der beliebteste Politiker in Deutschland, büßte gleichwohl stark an Zu­spruch ein.

Am Nachmittag hielt Guttenberg vor hundert Angehörigen, Freunden und Kameraden eine bewegende Trauerrede für drei in Nordafghanistan getötete Bundeswehrsoldaten. Sie waren vor einer Woche von einem afghanischen Soldaten erschossen worden.

Der Krankenhausbetreiber Rhön-Klinikum AG widersprach Darstellungen, wonach Guttenberg als früheres Aufsichtsratsmitglied des Unternehmens die Uni Bayreuth, an der er den inzwischen aberkannten Doktortitel erwarb, finanziell unterstützt haben soll.

Hintergrund: Die Rhön AG stiftete der Uni Bayreuth 1999 einen Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie. Zu dieser Zeit hielt die Familie Guttenberg 26,5 Prozent der Stammaktien und Guttenberg besaß dort bis 2002 ein Aufsichtsratsmandat. Er begann im Jahr 2000 mit seiner Doktorarbeit in Bayreuth. Die Rhön AG bestätigte, dass auf Vorstandsbeschluss des Unternehmens der Uni Bayreuth für den Lehrstuhl zwischen 1999 und 2006 genau 747 764,36 Euro zur Verfügung gestellt wurden.

Kooperationspartner war nicht direkt die Uni, sondern der Freistaat Bayern. Der Aufsichtsrat sei zu keinem Zeitpunkt damit befasst gewesen, sagte ein Sprecher.

Einen Zu­sammenhang mit Guttenbergs Promotion und den für ihn zu­ständigen Jura-Professoren ha­be es nicht ge­geben. Ähnlich äußerte sich die Uni Bayreuth.

Dass die Union den angeschlagenen Verteidigungsminister unterstützen will, hat in der FDP Befremden ausgelöst. Parteichef Guido Westerwelle will die von Finanzminister Schäuble in Aussicht gestellte Streckung der milliardenschweren Sparauflagen für den Verteidigungsminister um ein Jahr von einem Kabinettsbeschluss abhängig machen. Kanzlerin Merkel hat sich noch nicht festgelegt.