Berlin. . In Deutschland ist ein Streit um die Konseqeuenzen um das Drama mit den tunesischen Flüchtlingen entstanden. Während sich die Union für eine Abwehr der Flüchtlinge ausspricht, zeigt sich die Opposition offen für eine Aufnahme.
Angesichts des Flüchtlingsstroms von Tunesien auf die italienische Insel Lampedusa streiten sich Politiker hierzulande über die Konsequenzen für Deutschland. Während sich Grünen-Parteichef Cem Özdemir am Dienstag offen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Nordafrika zeigte, forderte der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), Strafen für EU-Staaten, die Flüchtlinge weiterreisen lassen. Die SPD forderte eine Quotenregelung für die Aufnahme anerkannter Flüchtlinge. Amnesty International verlangte faire Asylverfahren in Italien.
Özdemir sagte zu den zahlreichen Flüchtlingen aus Tunesien in Italien: „Der Norden darf den Süden dabei nicht alleine lassen.“ Die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström und die EU-Innenminister müssten sich umgehend zusammensetzen und zu einer fairen Lastenverteilung kommen.
Frontex soll Flüchtlinge abwehren
Uhl sagte dagegen, die EU-Grenzschutzagentur Frontex brauche mehr Zuständigkeiten und mehr Personal, um Flüchtlingsströme wie im Mittelmeerraum abwehren zu können. Außerdem müsse die Flüchtlingspolitik in der EU besser abgestimmt werden. Zudem forderte er: „Wenn ein Mitgliedstaat alle Augen zudrückt und Flüchtlinge massenhaft in andere Länder weiterreisen lässt, muss es Sanktionen geben - konsequenterweise bis hin zum Ausschluss aus dem Schengen-Verbund.“ In jedem Fall müsse es möglich sein, dass die Grenzkontrollen gegenüber dem vertragsbrüchigen Schengenstaat wieder eingeführt werden. Die Schengenstaaten haben die Grenzkontrollen untereinander abgeschafft.
CSU-Präsidiumsmitglied Manfred Weber forderte eine „aktivere wirtschaftliche Kooperation“ mit den arabischen Reformstaaten. Deren Bürgern müsse eine Perspektive gegeben werden, sagte der Vizechef der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament der Nachrichtenagentur dapd und fügte hinzu: „Die Masse der Menschen will sicher nicht freiwillig ihre Heimat verlassen.“ Die EU müsse nun auch durch finanzielle Unterstützung mithelfen, dass die Demokratiebewegungen wirklich erfolgreich seien. Die Bürger in Nordafrika müssten spüren, dass ihr Leben im neuen politischen System besser werde. Dann gebe es gute Chancen, dass die Zahl der Flüchtlinge sinke.
Mit Blick auf Italien sagte Weber, das Land sei zunächst selbst gefordert - und bei den derzeitigen Zahlen auch in der Lage, die Situation vorübergehend in den Griff zu bekommen. In der EU gebe es bereits einen Flüchtlingsfonds.
SPD fordert EU-Asylbehörde
SPD-Innenexperte Sebastian Edathy sagte: „Wir brauchen dringend eine europäische Quotenregelung, die anerkannte Flüchtlinge am Maßstab der Bevölkerungszahl und der bisherigen Flüchtlingsaufnahme auf die 27 EU-Länder verteilt.“ Edathy appellierte an die Bundesregierung, beim Treffen der EU-Innenminister in der nächsten Woche konkrete Hilfszusagen zu machen. „Angesichts dramatisch gesunkener Asylbewerberzahlen in Deutschland würde die Aufnahme eines Kontingents berechtigter Asylbewerber aus Afrika die Integrationskraft des Landes sicher nicht übersteigen“, betonte Edathy. Er sprach sich zudem dafür aus, eine gemeinsame EU-Asylbehörde aufzubauen, die den besonders betroffenen Mittelmeerländern bei Asylverfahren hilft.
Der integrationspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Memet Kilic, warf der Bundesregierung vor, sie verweigere jede europäische Solidarität mit den Mittelmeeranrainern. Die Regierung dürfe die Menschenrechte nicht nur in Sonntagsreden hochhalten, sondern müsse den bedrängten Flüchtlingen auch praktisch helfen.
Die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Monika Lüke, mahnte die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass Italien seine Verpflichtungen nach der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention einhält. „Das bedeutet, dass Italien den Asylsuchenden Zugang zu einem fairen Asylverfahren gewähren muss“, sagte Lüke. (dapd)