Lampedusa. . Kanzlerin Angela Merkel ist gegen die Aufnahme von tunesischen Flüchtlingen in Deutschland. CDU-Kollegen teilen ihre Meinung. Dennoch beteuern alle, dass sie Italien schnell helfen wollen.
Deutschland kann nach Angaben des CDU-Innenpolitikers Wolfgang Bosbach keine der Flüchtlinge von der italienischen Mittelmeer-Insel Lampedusa aufnehmen. „Die Vertragslage in Europa ist eindeutig“, sagte er am Montag dem Sender MDR INFO. Danach müssen Flüchtlinge in dem Land aufgenommen werden, in dem sie die EU-Außengrenze überschreiten. Eine anschließende Verteilung in andere EU-Staaten sei nicht vorgesehen. Auch ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte in Berlin, dass das Problem „im Rahmen der EU“ gelöst werden müsse.
Bosbach fügte hinzu, Italien bekomme jede humanitäre Hilfe, wenn die Regierung dies wolle. „Europa wird Italien nicht allein lassen“. Zunächst seien aber die italienischen Behörden gefragt, die EU könne höchstens zusätzliche Grenzpolizisten auf die Mittelmeer-Insel entsenden. Langfristig müsse sich Europa in Nordafrika darum kümmern, gegen die Ursachen der Flüchtlingströme vorzugehen, sagte Bosbach.
Flüchtlinge auf Lampedusa
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt die Aufnahme von Flüchtlingen aus Tunesien ab. Natürlich könnten nicht alle Menschen kommen, die jetzt über die italienische Insel Lampedusa nach Europa wollten, sagte die Kanzlerin am Montag in Berlin. Europa könne aber beim Aufbau eines Rechtsstaates helfen. „Unser Ziel ist, die Probleme in den Heimatländern auch zu lösen, den Menschen dort eine Perspektive zu geben und ihnen damit auch eine Chance zu geben, in der eigenen Heimat leben zu können.“
Grüne fordern schnelle Hilfe
Die Grünen forderten dagegen schnelle Hilfen zur Verbesserung der Lage vor Ort. „Italien braucht sofortige Unterstützung, bevor sich eine humanitäre Katastrophe entwickelt“, erklärten die für humanitäre Fragen und Flüchtlingspolitik zuständigen Grünen-Abgeordneten Tom Koenigs und Josef Winkler. Die EU-Mitgliedstaaten müssten beispielsweise Dolmetscher, Rechtsanwälte, Ärzte und Sozialarbeiter bereitstellen.
Einen Monat nach dem Sturz von Staatschef Zine El Abidine Ben Ali steht die tunesische Übergangsregierung mit der Flucht tausender Tunesier nach Italien vor einer großen Bewährungsprobe. Einen Vorstoß zum Einsatz italienischer Polizisten in dem nordafrikanischen Land wies das Außenministerium in Tunis am Montag entschieden zurück. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) versprach dem Land wirtschaftliche Unterstützung.
Tunesien lehnt Einsatz italienischer Polizisten ab
Ein Vertreter des tunesischen Außenministeriums sagte der amtlichen Nachrichtenagentur TAP, die Regierung bekräftige „die kategorische Ablehnung jeglicher Einmischung in seine inneren Angelegenheiten“. Am Sonntag hatte Italiens Innenminister Roberto Maroni als Reaktion auf die Ankunft tausender tunesischer Flüchtlinge auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa die Stationierung italienischer Polizisten in Tunesien gefordert. Das tunesische System sei dabei „zusammenzubrechen“. Ein Sprecher der tunesischen Regierung hatte den Vorstoß umgehend als „inakzeptabel“ zurückgewiesen.
Am Montag wiederholte Maroni seine Forderung. Der Einsatz italienischer Polizisten sei „der einzige Weg“, die Flucht der Menschen zu unterbinden. Italiens Außenminister Franco Frattini sagte laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, beide Ländern hätten ein „gemeinsames Interesse“ daran, den Flüchtlingsstrom zu unterbinden. Er wurde am Nachmittag zu einem Kurzbesuch in Tunis erwartet und sollte dort Regierungschef Mohamed Ghannouchi treffen.
Die zunehmende Zahl der Bootsflüchtlinge sollte auch Thema beim Besuch der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Tunis sein. Bei den Gesprächen am Montag wollte sie der Übergangsregierung politische und wirtschaftliche Hilfe anbieten.
In den vergangenen Tagen hatten rund 5000 Bootsflüchtlinge, zumeist Tunesier, über das Mittelmeer die kleine Insel Lampedusa erreicht, die zu Italien gehört. Die italienischen Behörden riefen am Samstag den humanitären Notstand aus. (afp/rtr)