Kairo. . Ägyptens gestürzter Staatschef Husni Mubarak ist offenbar ins Ausland geflüchtet. Bereits am Freitag soll er laut einem Medienbericht den Badeort Scharm-el-Scheich per Flugzeug verlassen und ins Emirat Schadscha am Persischen Golf geflogen sein.
Der gestürzte ägyptische Präsident Husni Mubarak hat sich nach Informationen der Online-Ausgabe des Magazins „Stern“ ins Ausland abgesetzt. Mubarak habe den Badeort Scharm-el-Scheich verlassen und sei mit einer Maschine der privaten Fluggesellschaft Air Arabia ins Emirat Schardscha am Persischen Golf geflogen. Dies sei bereits am Freitag geschehen, berichtete stern.de am Sonntagabend unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen.
Mubaraks Familie habe Ägypten bereits am Dienstag mit Ziel Schardscha verlassen. Auch der frühere Handels- und Industrieminister Raschid Mohamed Raschid sei in das Emirat ausgeflogen worden. Gegen ihn war laut stern.de bereits ein Ausreiseverbot verhängt worden. Air Arabija unterhalte eine normale Linienverbindung zwischen Schardscha und Scharm-el-Scheich, deshalb sei die Flucht nicht aufgefallen. Mubaraks Familie kam nach Informationen von stern.de in einem Palast von Herrscher Scheich Sultan bin Mohammed Al Kasim unter.
Militär lässt den Tahrir-Platz räumen
Das ägyptische Militär hat die verbliebenen Demonstranten in Kairo aufgefordert, den zentralen Tahrir-Platz zu räumen. Die Armee habe ihnen mit Festnahmen gedroht, wenn sie den zum Symbol für den Volksaufstand gewordenen Platz nicht in Kürze verlassen, sagte einer der Protestierer am Montag. Augenzeugen zufolge umstellten Militärpolizisten und Soldaten die Demonstranten.
Nach dem Rücktritt von Präsident Husni Mubarak waren mehrere Dutzend Demonstranten auf dem Platz der zentralen Protestkundgebungen geblieben, um ihren Forderungen nach mehr Demokratie Nachdruck zu verleihen. Der Militärrat, der übergangsweise die Macht übernommen hat, hatte die Demonstranten bereits am Sonntag aufgefordert, den Platz zu räumen. Das Gremium hatte zudem angekündigt, das Land nur sechs Monate lang oder bis zur nächsten Wahl zu führen.
30 Jahre Mubarak
Taliban sehen nach Ägypten auch Sturz der afghanischen Regierung
Nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak gehen die Taliban in Afghanistan davon aus, dass die Regierung ihres Landes als nächstes gestürzt wird. Ein entsprechendes Schreiben veröffentlichten die Taliban am Sonntag auf ihrer Internetseite, wie das US-Überwachungszentrum für islamistische Internetseiten, SITE, mitteilte. Die Taliban erklärten darin, der Abgang Mubaraks zeige, dass „viele Waffen, Soldaten und ausländische Hilfe keine Regierung an der Macht halten können und sie nicht immer die Karawane der „Hoffnungen und Forderungen“ einer Nation aufhalten können“.
In der Mitteilung hieß es weiter, dass sich das afghanische Volk gegen die Regierung in Kabul auflehnen und diese wegen deren Korruption und der „Gräueltaten“ der USA während der knapp zehn Jahre andauernden Militärkampagne in dem Land stürzen werde. Zudem würden sich die USA am Ende gegen den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai wenden, wie sie es bei Mubarak in Ägypten getan hätten. Darüber hinaus riefen die Taliban die Ägypter auf, eine islamische Regierung zu bilden und „die Verschwörung der ausländischen Feinde“ zu verhindern.
Außenministerium bietet Ägypten Hilfe bei Wahlvorbereitung an
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP), hat Kairo Unterstützung bei der Entwicklung der verfassungsrechtlichen Grundlagen und des Parteiensystems sowie bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen angeboten. „Dieser Prozess muss und soll fest in der Hand der Ägypter selbst liegen; aber wir sind zu jeder Hilfestellung bereit, die gewünscht wird“, sagte der FDP-Politiker der „Berliner Zeitung“. Die Bundesregierung werde dafür Mittel im Haushalt umschichten und gegebenenfalls auch zusätzliche Gelder mobilisieren.
„Ägypten hat jetzt die ganz große Chance, eine Leuchtturmfunktion für eine ganze Weltregion wahrzunehmen. Deshalb müssen wir alle ein großes Interesse daran haben, dass dieser Prozess gelingt“, sagte Hoyer der Zeitung. Er schlug vor, schon jetzt Wahlbeobachter in das Land zu schicken und den Prozess von Beginn an zu begleiten. Wahlbetrug beginne oft schon bei der Aufstellung der Wählerlisten.
Der Staatsminister appellierte zudem an die westlichen Staaten, auch die Muslimbrüder in den Dialog einzubeziehen. Er habe die bisher gepflegten Berührungsängste nie verstanden. Die islamische Organisation habe ein so starkes soziales und gesellschaftliches Netzwerk, über das nicht ohne weiteres hinweggegangen werden könne. Auch dürfe eine Organisation, die bei Wahlen vielleicht 20 oder 30 Prozent der Stimmen bekommen könne, nicht einfach links liegen gelassen werden. „Wichtig ist, dass all diejenigen, die in den Köpfen und Herzen der Menschen in Ägypten verankert sind, denen sie trauen, in den Demokratisierungsprozess eingebunden werden.“
Treffen zwischen Militärführung und Jugendbewegung
Zwei Tage nach dem Sturz von Staatspräsident Husni Mubarak ist die ägyptische Militärführung am Sonntag mit Vertretern der Jugendbewegung zusammengetroffen, die den Volksaufstand maßgeblich geprägt hat. Der prominente Aktivist Wael Ghonim beschrieb das Treffen auf einer vom ihm betreuten Facebook-Seite als ermutigend.
Die Streitkräfte hätten die Übergangsregierung, in der viele Anhänger Mubaraks vertreten sind, als im Interesse der Stabilität notwendig verteidigt, erklärten Ghonim und ein weiteres Mitglied der Protestbewegung, Amr Salama. Sie hätten aber baldige Veränderungen in der Regierung zugesagt. Außerdem wolle die Militärführung nach eigenen Angaben gegen korrupte Personen vorgehen, ungeachtet deren früherer oder aktueller Position.
Änderungen an der Verfassung sollten in den kommenden zehn Tagen von einem unabhängigen Ausschuss erarbeitet werden. Über die Vorlage solle dann innerhalb von zwei Monaten das Volk in einem Referendum entscheiden, hieß es in der Erklärung der beiden Aktivisten. Die Vertreter der Streitkräfte hätten die Jugendlichen darüber hinaus ermutigt, die Gründung von Parteien zu erwägen und zugesagt, sich regelmäßig mit ihnen zu treffen.
„Wir haben einen echten Wunsch gespürt, die Erfolge der Revolution zu schützen und einen beispiellosen Respekt für das Recht junger Ägypter, ihre Meinung zu sagen“, erklärte Ghonim.
Der Oberste Militärrat in Ägypten hatte am Sonntag das Parlament aufgelöst und die Verfassung außer Kraft gesetzt. Damit kamen die Generäle zwei wichtigen Forderungen der Protestbewegung nach. Die Streitkräfte würden das Land für sechs Monate führen, sollten nicht vorher Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abgehalten werden können, hieß es in der Mitteilung weiter. Die noch vom gestürzten Präsidenten Mubarak ernannte Übergangsregierung unter Ministerpräsident Ahmed Schafik bleibt unterdessen weiter im Amt. Die repressiven Notstandsgesetze wurden zunächst nicht aufgehoben. (dapd/afp)