Berlin. .
Trotz der anhaltenden Unruhen hat das Auswärtige Amt noch keine Reisewarnung für Urlauber in Ägypten herausgegeben. Ein Ende der Proteste ist nicht in Sicht. Unterdessen hat Oppositionspolitiker Mohamed ElBaradei angekündigt an den Demonstrationen teilzunehmen.
Der ägyptische Oppositionspolitiker Mohamed ElBaradei hat sich am Donnerstag in die Proteste seiner Landsleute gegen die Regierung von Präsident Husni Mubarak eingeschaltet. Er sei bereit, einen politischen Wechsel in Ägypten anzuführen, wenn die Menschen dies wünschten, sagte er in Wien. Am Freitag will er selbst an den Demonstrationen teilnehmen, im Zuge derer bislang bereits tausend Menschen festgenommen wurden.
„Wenn die Menschen, vor allem die jungen Menschen, möchten, dass ich den Übergang anführe, werde ich sie nicht hängen lassen“, sagte der frühere Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) am Wiener Flughafen vor Journalisten. Von dort aus wollte er nach Kairo reisen, um am Freitag an geplanten Protesten der Opposition gegen die Regierung teilzunehmen. „Das Wichtigste für mich ist nun, ein neues Ägypten zu sehen, und zwar eines, das durch einen friedlichen Wechsel erreicht wurde.“
Proteste wie in Tunesien
ElBaradei gilt als einer der schärfsten Kritiker der ägyptischen Regierung. Er befürwortet die Proteste seiner Landsleute, die nach dem Vorbild der Tunesier seit Tagen gegen die Regierung demonstrieren, vehement. Es sind die schwersten Proteste in Ägypten seit Mubaraks Amtsantritt im Jahr 1981. Dem Magazin „Der Spiegel“ sagte ElBaradei jüngst, die Proteste „markieren den Beginn eines historischen Prozesses“. „Was die Tunesier können, sollten doch auch wir Ägypter schaffen.“ Den Tunesiern war es gelungen, mit wochenlangen Protesten Machthaber Zine El Abidine Ben Ali aus dem Land zu jagen.
Seit Beginn der Proteste am Dienstag wurden in ganz Ägypten mindestens tausend Menschen in Gewahrsam genommen, wie ein Vertreter der Sicherheitskräfte am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP sagte. Auch für Donnerstag wurden weitere Proteste erwartet, zu denen vor allem die pro-demokratische „Bewegung des 6. April“ aufrief. Sie benannte sich nach dem Tag ihrer ersten großen Demonstration 2008. Donnerstag werde „kein Urlaubstag werden“, erklärte die Gruppe auf ihrer Seite in dem Netzwerk Facebook. „Die Aktion auf den Straßen wird weitergehen.“ Ein Demonstrant sagte AFP: „Wir haben angefangen und nun werden wir auch nicht aufhören.“
Demonstranten gehen trotz Verbot auf die Straßen
Ungeachtet eines Demonstrationsverbots hatten sich am Mittwoch erneut zahlreiche Menschen zu Kundgebungen gegen die Regierung versammelt. Im Zentrum Kairos und in Suez kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Polizei setzte Tränengas ein und feuerte Gummigeschosse ab, einige Demonstranten warfen Steine. Die Proteste in Kairo dauerten bis in die Nacht an, als die Polizei die Menge schließlich auseinander trieb. Insgesamt sechs Menschen starben seit Beginn der Demonstrationen am Dienstag, darunter zwei Polizisten, 70 Menschen wurden verletzt.
Unruhen in Arabien
Angesichts der Lage in dem Land brach die Börse in Kairo ein, die Kurse fielen um mehr als sechs Prozent. Der Handel wurde vorübergehend ausgesetzt. Die bereits im Zusammenhang mit Tunesien bekannt gewordene Hacker-Gruppe Anonymous warnte die Regierung außerdem davor, den Demonstranten den Zugang zum Internet zu erschweren. Andernfalls würden die Seiten der Regierung lahmgelegt, drohten sie in einer Erklärung auf Facebook.
In Ägypten protestieren seit Dienstag Zehntausende gegen Präsident Husni Mubarak und seine Regierung. Am Donnerstag zündeten Demonstranten eine Polizeiwache in der Stadt Suez an. Bislang kamen bei den Protesten mindestens drei Demonstranten und ein Polizist um. Nach Angaben des Innenministeriums wurden bislang 500 Menschen festgenommen.
Urlauber in Ägypten haben keine Angst
Die Proteste in Ägypten haben bisher nur geringe Auswirkungen für die deutschen Urlauber im Land. Der Reiseveranstalter Thomas Cook (Neckermann Reisen) nahm am Donnerstag die Tagesausflüge in die Hauptstadt Kairo wieder auf, die am Vortag wegen der Unruhen ausgesetzt worden waren. Kostenlose Stornierungen von Ägypten-Reisen sind nach Angaben eines Sprechers nicht möglich. Der Anbieter FTI strich dagegen bis Dienstag alle Ausflüge nach Kairo. Es würden aber weiter Urlauber nach Ägypten geflogen, sagte Sprecherin Angela Winter. Die Gäste informierten sich zwar vor der Reise, es gebe aber keine Stornierungen.
Die FTI-Sprecherin verwies darauf, dass die Hauptziele wie Hurghada und Sharm el-Sheikh am Roten Meer nicht von den Unruhen betroffen seien. Auch Rewe Touristik (ITS, Jahn Reisen, Tjaereborg) hat die Ausflüge nach Kairo abgesagt.
Beliebtes Reiseziel der Deutschen
Ägypten ist wie die Türkei eines der Hauptziele für deutsche Billigurlauber. Rund 1,2 Millionen Deutsche reisen nach Angaben des Deutschen Reiseverbandes pro Jahr nach Ägypten. Die Türkei wählen 4,5 Millionen Deutsche als Reiseziel.
Das Auswärtige Amt empfiehlt Ägypten-Urlaubern, Menschenansammlungen und Demonstrationen weiträumig zu meiden und die Medienberichterstattung zur Entwicklung der Lage aufmerksam zu verfolgen. Der Tourismus zählt neben dem Export von Erdöl und Erdgas zu den Haupteinnahmequellen Ägyptens. Der Tourismus-Sektor erwirtschaftet knapp 20 Prozent der gesamten Deviseneinnahmen des Landes. Deutsche stellen hinter Russen und Briten die drittstärkste Gruppe der Urlauber in Ägypten. (afp/rtr)