Berlin. .
Das mit der Hartz-Reform geplante Bildungspaket kommt womöglich mehr Kindern zugute als bisher geplant. Derweil wurde seitens der Sozialverbände Kritik am langsamen Verhandlungsfortschritt laut.
Bei den Verhandlungen von Regierung und Opposition über die künftigen Regelsätze für Langzeitarbeitslose und die Zuschüsse für Schulmaterial, Nachhilfe und Freizeitaktivitäten hat es am Freitag nach stundenlangen Gesprächen Bewegung gegeben, wie Bundessozialministerin Ursula von der Leyen sagte. Nun soll nach den Worten der CDU-Politikerin der Kreis der Geringverdiener, die von den Bildungsleistungen profitieren, „genauer betrachtet“ werden.
Die Bundesregierung hatte ursprünglich das Bildungspaket für rund 2,3 Millionen Kinder geplant. Neben den rund zwei Millionen Kindern und Jugendlichen aus Hartz-IV-Familien sollen auch die etwa 300.000 bedürftigen Kinder aus Familien berücksichtigt werden, die Anspruch auf den Kinderzuschlag haben. Diesen erhalten Geringverdiener, deren Einkommen nicht zur Versorgung ihrer Kinder reicht. Die Opposition fordert, dass auch die Kinder aus den 140.000 Familien von den Hilfen profitieren, die Wohngeld beziehen. Das wird nun geprüft.
740-Millionen-Euro-Bildungspaket
Den Hartz-IV-Regelsatz für Erwachsene will von der Leyen um 5 auf 364 Euro im Monat aufstocken. Für Kinder aus armen Familien plant sie ein Bildungspaket im Umfang von 740 Millionen Euro. SPD, Grünen und Linken ist beides zu wenig. Der Bundesrat hatte von der Leyens Reform deshalb vor Weihnachten gestoppt. Seitdem läuft ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat. Eine Arbeitsgruppe, die Details klären soll, hatte sich am 21. Dezember vertagt und nahm am Freitag die Arbeit wieder auf. Nach etwa zehn Stunden wurden die Verhandlungen auf den 17. Januar vertagt. Bis dahin sollen Unterarbeitsgruppen Kompromissmöglichkeiten zu den Regelsätzen, dem Bildungspaket und dem Thema Mindestlöhne ausloten.
Nach Angaben von der Leyens wird auch über einen Ausbau der Jugendsozialarbeit nachgedacht. SPD-Verhandlungsführererin Manuela Schwesig machte einen konkreten Vorschlag: Dieses Jahr sollten dafür zunächst 200 Millionen Euro bereitgestellt werden, dann soll die Summe schrittweise bis 2015 auf zwei Milliarden Euro wachsen. Ziel der SPD ist eine „bedarfsgerechte Versorgung“, mindestens aber ein Sozialarbeiter für jede Schule.
Verhandlungspause
Zum Stocken kamen nach Angaben der Verhandlungspartner die Gespräche über den Mindestlohn, den die Opposition fordert. Bei der Höhe der Regelsätze werde nach einer gemeinsamen Lösung gesucht, allerdings gebe es noch viele Detailfragen, sagte von der Leyen. Spätestens zur möglichen ersten offiziellen Sitzung des Vermittlungsausschusses am 19. Januar soll nach Willen der Beteiligten ein Kompromiss erreicht werden.
Schwesig sagte, bei den Verhandlungen sei noch „Sand im Getriebe“. Sie mahnte, dass in dem „Schneckentempo“ nicht fortgefahren werden dürfe. Es müsse zügiger verhandelt werden. Grünen-Verhandlungsführer Fritz Kuhn sagte, man stehe nun am Berg, sei aber längst nicht drüber.
Verzögerte Auszahlung
Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Schwesig griff von der Leyen dafür an, dass die höheren Leistungen nicht schon jetzt vorläufig ausgezahlt werden. „Jetzt blockiert sie an dieser Stelle, um uns zu erpressen“, warf die SPD-Politikerin der Ministerin vor. Die Reform sollte eigentlich schon zum 1. Januar in Kraft treten.
Von der Leyen sagte, es bedrücke sie selbst, dass die Erhöhung der Regelsätze um fünf Euro und die Leistungen für Kinder noch nicht ausgezahlt würden. Dazu bedürfe es aber einer gesetzlichen Grundlage.
Der Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, sagte der Nachrichtenagentur dapd: „Die Verantwortung für die Verzögerung trägt in jeder Hinsicht die Bundesregierung.“ Diese habe ihren Entwurf für einen neuen Hartz-IV-Regelsatz erst im Herbst veröffentlicht. „Das war definitiv zu spät“, kritisierte Schneider.
Die Erhöhung des Regelsatzes um 5 auf 364 Euro nannte der Verbandschef „einen Witz“. Eine seriöse Berechnung des Satzes ergäbe „auf jeden Fall über 400 Euro“, sagte der Verbandschef. (dapd)