Berlin. .

Die Grünen warnen Ursula von der Leyen vor einem Scheitern der Verhandlungen über die Hartz-Reform. Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig warnt vor einer „Geiselhaft“ der Betroffenen.

Die Grünen warnen Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor einem Scheitern der Vermittlungsverhandlungen über die Hartz-Reform. Es könne nicht sein, dass die Union die Regelsätze zum Tabu erkläre, sagte der Grünen-Fraktionsvize Fritz Kuhn der „Berliner Zeitung“. „Wir haben vor Weihnachten gemeinsam beschlossen, dass wir über drei Themen sprechen: das Bildungspaket, die Mindestlöhne und die Regelsätze. Über alle drei Fragen muss offen verhandelt werden, sonst werden die Verhandlungen scheitern.“

Auch ein Abkoppeln des Bildungspakets sei nicht möglich. „Es kann nur eine Gesamteinigung geben. Einigungen in Teilbereichen gelten nur unter Vorbehalt.“

Bei der Berechnung der Regelsätze habe sich die Regierung offensichtlich „nach den Vorgaben des Finanzministers gerichtet, nicht nach der Notwendigkeit zum Lebensunterhalt“. Dies sei nicht verfassungskonform. Durch das Bildungspaket werde neue Bürokratie geschaffen, statt die Schulen zu stärken, die an die Kinder wirklich herankämen.

Die Unterhändler der Parteien treffen sich am Freitag zur nächsten Verhandlungsrunde über die Hartz-Reform. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition braucht die Zustimmung der Opposition, da sie nicht über die nötige eigene Mehrheit im Bundesrat verfügt.

Keine Blockade der SPD

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig äußert sich skeptisch hinsichtlich einer Einigung mit der Bundesregierung. Der „Bild“-Zeitung sagte die SPD-Verhandlungsführerin: „Wenn Bundesarbeitsministerin von der Leyen weiter die Schulsozialarbeiter ablehnt und nicht bereit ist, einen ordentlich gerechneten Regelsatz vorzulegen, wird es kein endgültiges Ergebnis am Wochenende geben können.“ Ihrer CDU-Kollegin warf Ministerin Schwesig vor, die Betroffenen für ihre Verhandlungsstrategie „in Geiselhaft“ zu nehmen.

Niemand hindere die Bundesregierung daran, die höheren Hartz-IV-Sätze auszuzahlen. Bei den Beamten werde die Gehaltserhöhung auch regelmäßig ausgezahlt bevor das Gesetz fertig ist. „Aber das verweigert Frau von der Leyen ebenso wie die Zuschüsse für bedürftige Kinder.“

Zugleich wies die SPD-Politikerin den Vorwurf zurück, die SPD blockiere eine Einigung: „Wir blockieren nicht - wir wollen erreichen, dass ein Gesetz herauskommt, das vor dem Verfassungsgericht Bestand hat und armen Kindern in Deutschland wirklich hilft.“

Chancen auf Einigung

Der saarländische Grünen-Chef Hubert Ulrich dagegen erwartet im Vermittlungsverfahren Verbesserungen für alle von Hartz-IV Betroffenen. Wenn „diskussionswürdige Vorschläge auf den Tisch kommen, muss man das Abstimmungsverhalten neu bewerten“, sagte Ulrich in Saarlouis. Durch die Enthaltung des Saarlandes aufgrund der Ablehnung der Grünen waren die von der Bundesregierung geplanten Hartz-IV-Reformen im Bundesrat gescheitert und mussten an den Vermittlungsausschuss verwiesen werden.

Eine Erhöhung der Regelsätze um fünf Euro seien zu wenig, betonte Ulrich. Die Grünen orientierten sich an den Zahlen des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, „die um eine Ecke höher liegen“. Zudem müssten die Leistungen für Kinder und Schüler ausgeweitet werden, um diesen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Das beginne in der Schule und habe nicht nur mit Unterricht zu tun, sondern auch mit einem ordentlichen Frühstück und Mittagessen oder der Teilnahme an Schulausflügen. Die geplanten Bildungsgutscheine seien „zunächst einmal ein guter Ansatz“. Geklärt werden müsse aber deren Gestaltung. Außerdem müsse Diskriminierung verhindert werden.

Ulrich räumte ein, dass es in einigen politischen Fragen zwischen den schwarz-gelb-grünen Regierungspartnern im Saarland unterschiedliche Auffassungen gebe. „Es würde etwas nicht stimmen, wenn es bei drei so unterschiedlichen Partnern keine Meinungsverschiedenheiten gäbe“, sagte er. Allerdings gebe es „einen klar strukturierten Koalitionsvertrag, den wir relativ strikt abarbeiten“. Dabei seien die Grünen ein ruhender Pol und stabilisierender Faktor. Die kritischen Stimmen in der eigenen Partei gegen die Koalitionsentscheidung seien mittlerweile verstummt, weil die Grünen erfolgreich in der Koalition arbeiteten.

So sei es gelungen, trotz Schuldenbremse die Studiengebühren abzuschaffen und den Bildungsbereich vom Sparen auszunehmen, sagte Ulrich. Zudem hätten die Grünen CDU und FDP überzeugt, den Schritt zu einem längerem gemeinsamen Lernen zu gehen. (dapd)