Jerusalem. Die Hamas überstellte eine Leiche, die gar nicht die Mutter der beiden Kleinkinder ist. Für die Angehörigen geht der Albtraum weiter.

Das lange Warten auf Gewissheit über das Schicksal der israelischen Geiseln Shiri, Ariel und Kfir Bibas sollte nach der Überstellung ihrer Leichname am Donnerstag ein Ende haben. Und dann kam alles anders.

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Die forensische Untersuchung der Leichen im Abu Kabir-Zentrum in Jaffa ergab: Die Kinder Ariel und Kfir, die im Alter von vier Jahren und neun Monaten aus dem Kibbuz Nir Oz verschleppt worden waren, wurden bereits wenige Wochen später in Gaza getötet. Bei dem Leichnam, auf dessen Sarg die Hamas ein Foto der Mutter Shiri Bibas angebracht hatte, zeigte die DNA-Analyse jedoch keine Übereinstimmung. Der Familie Bibas, allen voran Vater Yarden Bibas, musste die düstere Nachricht überbracht werden. Shiri Bibas ist noch in Gaza. Man muss zwar davon ausgehen, dass sie nicht mehr am Leben ist. Völlige Gewissheit gibt es aber nicht, solange der Leichnam nicht überstellt und identifiziert wurde. Das Warten und Bangen hat auch jetzt kein Ende.

Posters Of Israeli Hostages Put up On Walls - Paris Shiri Bibas and Yarden Bibas, kidnapped by Hamas on October 7, 2023.
Ein Bild aus glücklichen Tagen: Shiri Bibas und ihr Mann Yarden. © IMAGO/ABACAPRESS | IMAGO/Poitout Florian/ABACA

Israel: Yarden Bibas klammerte sich bis zuletzt an die Hoffnung, seine Familie könnte leben

Yarden Bibas war vor drei Wochen aus der Gewalt der Hamas entlassen worden. Er kehrte in ein Leben zurück, das ihm seine Familie und sein Zuhause im Kibbuz Nir Oz genommen hatte. Dennoch gab er die Hoffnung nicht auf: Solange es keine gesicherte Information über den Tod seiner Frau Shiri und der beiden Kinder gab, klammerte er sich an die Hoffnung, dass sie noch am Leben sind, erzählte seine Schwester.

Was die Kinder betrifft, musste er von den Forensikern erfahren, dass die Terroristen sie „brutal ermordet“ haben, wie ein Sprecher der Armee mitteilt. Die Hamas hatte behauptet, dass die Familie bei einem israelischen Luftschlag ums Leben gekommen sei. Die forensische Untersuchung kam zu einem anderen Schluss.

„Wir sind entsetzt und am Boden zerstört“, erklärt die Plattform der Geisel-Angehörigen in einer Stellungnahme. Dass Shiri Bibas „trotz unserer verzweifelten Hoffnung“ nicht übergeben wurde, widerspreche dem Abkommen mit der Hamas. Es gehe nun darum, alles zu tun, die Mutter der Kinder zurückzuholen – gemeinsam mit allen anderen noch in Gaza verbleibenden Geiseln, ob lebend oder tot.

Hamas gibt fatale Verwechslung zu – Geisel-Deal auf der Kippe?

Ein Sprecher der Hamas gab am Freitag zu, dass die sterblichen Überreste von Shiri Bibas offenbar mit den Überresten einer anderen Person vermischt wurden, als die Leichen aus Trümmern geborgen wurden. Überprüfbar ist das nicht.

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Im Kibbuz Nir Oz, aus dem die Familie Bibas verschleppt worden war, wurde am Freitag der beiden Kinder getrauert. „Ariel war ein lächelndes, verspieltes Kind, ein richtiger Rotschopf mit einer großen Liebe für Superhelden, Traktoren und Autos, der nicht aufhören konnte herumzuspringen und zu klettern. Kfir war ein ruhiges, schmunzelndes Baby“, heißt es in dem Gedenkschreiben. „Jedem, der ihm die Hand entgegenstreckte, schenkte er ein fröhliches Lächeln“.

Nahostkonflikt - Geisel Schiri Bibas
Plakat in Jerusalem: Angehörige drangen seit der Entführung der jungen Familie auf ihre Freilassung. Bei vielen Demos machten sie Druck auf die Regierung Netanjahu. © DPA Images | Mahmoud Illean

Was der Vorfall für die Zukunft des Geisel-Deals bedeutet, ist unklar. Von einer „grausamen und bösartigen Verletzung des Abkommens“ sprach Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Freitag. „Sie haben den Körper einer Frau aus Gaza in den Sarg gesteckt“, sagte Netanjahu. Die Hamas werde dafür „den vollen Preis bezahlen“.

Sollte Israels Armee den militärischen Kampf in Gaza wiederaufnehmen, würde dies den Deal mit der Hamas jedoch platzen lassen.

In einer Botschaft an die Öffentlichkeit stellt der Kibbuz Nir Oz jedenfalls klar: „Wir bleiben unseren Werten treu, aber auch dem Willen der Familie Bibas: Uns geht um Freilassung – nicht um Rache.“