Washington. Der US-Präsident wirbt beim Besuch von Israels Premierminister vehement für die Umsiedlung von Millionen Menschen aus dem Kriegsgebiet.

Geisel-Krise hin, hoher Staatsgast her – für ein bisschen Selbstlob ist bei Donald Trump immer Zeit. Und so sagte der US-Präsident, das knisternde Kaminfeuer im Oval Office hinter und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu neben sich, am Dienstagabend: „Sie werden mir nie den Friedensnobelpreis verleihen. Das ist schade. Ich hätte ihn verdient, aber sie werden ihn mir nie verleihen.“ 

Mit seiner Replik zielte der 78-Jährige auf die Selbstwahrnehmung, dass es ohne ihn den Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas im Gaza-Streifen samt Freilassung mehrerer Geiseln nicht gegeben hätte. Die monatelange Vorarbeit seines Vorgängers Joe Biden war weder Trump noch dem Gast aus Israel eine Erwähnung wert.

Trumps Bemerkung war aber nur die Overtüre zu einer später weltweit Schlagzeilen erzeugenden Ansage: Amerika wird seinen Worten nach den völlig zerstörten Gaza-Streifen übernehmen, sanieren, wieder aufbauen und Tausende Arbeitsplätze schaffen. Trump wörtlich: „Ich sehe eine langfristige Eigentümer-Position in Gaza.“

Netanjahu wirkte erstaunt. Nachfragen zur Machbarkeit und Legalität blieben unbeantwortet. Trump redet aber bereits über Details: Amerika werde das Gebiet, in dem Tausende Sprengsätze lagern, demilitarisieren, Trümmer beseitigen und einebnen, um danach „eine unbegrenzte Anzahl von Arbeitsplätzen und Wohnungen schaffen“. Aus dem Gazastreifen könne so eine „Riviera des Nahen Ostens“ werden. 

US-Präsident Donald Trump (r) trifft sich mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Oval Office des Weißen Hauses.
US-Präsident Donald Trump (r) trifft sich mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Oval Office des Weißen Hauses. © dpa | Evan Vucci

Trump wirbt weiter für Umsiedlung von zwei Millionen Palästinensern

Zu Trumps Vision über die Zukunft des Küstenstreifens am Mittelmeer gehört ein radikaler Schwenk. Auch wenn einflussreiche arabische Staaten von Ägypten, Jordanien und Katar über Saudi-Arabien bis zu den Vereinigten Arabischen Emirate erst vor einer Woche geschlossen ihre Ablehnung zu einem von Trump ins Spiel gebrachten Vorschlag vorgebracht hatten, erneuerte der US-Präsident sein Werben für eine dauerhafte Umsiedlung von über zwei Millionen Palästinensern in andere Länder.

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„Ich würde denken, dass sie begeistert wären. Ich weiß nicht, wie sie bleiben wollen könnten. Es ist ein elendes Loch“, sagte Trump im Beisein Netanjahus, „wenn wir das richtige Stück Land oder mehrere Stücke Land finden und ein paar wirklich schöne Orte bauen könnten, dann wäre das meiner Meinung nach viel besser, als nach Gaza zurückzukehren, wo es jahrzehntelang Tod gegeben hat.“ Trump behauptet, Gaza sei unwiederbringlich zerstört, weshalb die meisten Palästinenser „nicht zurückkehren wollen“. 

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Arabische Staaten widersprechen: „Gaza ist Heimat“

Was nach Angaben der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Arabischen Liga falsch ist: „Gaza ist Heimat“, heißt es dort, auch wenn der Wiederaufbau viele Jahre dauern werde. Diplomaten besagter arabischer Staaten hatten darum zuletzt betont, dass die Rechte der Palästinenser nicht verletzt werden dürften, „ob durch Siedlungs-Aktivitäten, Ausweisung oder die Zerstörung von Häusern oder Annexion“. Der „Transfer oder die Entwurzelung von Palästinensern von ihrem Land in irgendeiner Weise oder unter irgendwelchen Umständen und Begründungen“ müsse verhindert werden. 

US-Präsident Donald Trump (r) und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprechen während einer Pressekonferenz im East Room des Weißen Hauses.
US-Präsident Donald Trump (r) und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprechen während einer Pressekonferenz im East Room des Weißen Hauses. © dpa | Alex Brandon

Trump kennt die Ablehnung. Er ignoriert sie und sagt die Anerkennung seines Plans durch die Machthaber in Kairo und Amman voraus: „Sie werden es tun.” Er behauptet zudem, etliche Regierungen in der Region fänden großen Gefallen an seinem Vorschlag, nannte aber keine Länder.

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Beobachter in Washington zeigten sich irritiert über die Beharrlichkeit des Präsidenten, den Palästinensern vom grünen Tisch aus eine Zwangsumsiedlung zu verordnen, während die zweite Stufe des Waffenstillstandsabkommens zwischen Hamas und Israel noch nicht offiziell aktiviert ist und Dutzende Geiseln weiter auf Freilassung warten. „Die Genfer Konvention verbietet die massenhafte Zwangsumsiedlung von Bevölkerungsgruppen“, schrieb ein Reporter der New York Times.

Trumps Bild von der Lage scheint unterdessen zementiert zu sein. Gaza ist ein Trümmerhaufen, in dem bis auf Weiteres kein ziviles Leben mehr möglich ist. Das ist sein Befund. Nach einer umfassenden Sanierung/Wiederherstellung, die aus klar wirtschaftlichen Erwägungen federführend von den USA geleitet werden soll, habe der Landstrich eine großartige Zukunft. Trump-Kritiker erkennen in dem Manöver ein Signal, dass Trump langfristig ökonomische Vorteile für sich und seine Familie vorbereiten will. Indiz: Schwiegersohn Jared Kushner, ein Immobilien-Entwickler, arbeitet bereits intensiv mit dem saudischen Königshaus zusammen. „Sollte das Großprojekt Gaza zustandekommen“, sagte ein Analyst in Washington, „wird Trump zu den Profiteuren gehören.“

Mehr von Israel-Korrespondentin Maria Sterkl