Washington. Die Säuberungsaktion empört loyale Anhänger, denen ebenfalls gekündigt wird. Eine brisante Panne dreht Elon Musk gerade noch zurück.

Jesse Waters ist das, was man einen 1000-prozentigen Trump-Jünger nennt. Der rotzlümmelige Fox News-Moderator schreit regelmäßig „Hier!“, wenn es gilt, Entscheidungen des US-Präsidenten zu verteidigen und dessen Kritiker platt zu walzen. Diesmal nicht. 

Mit besorgtem Timbre berichtete der Fernsehmann in dieser Woche von einem ehemaligen, ihm gut bekannten Elite-Soldaten, der 20 Jahre lang sein Leben aufs Spiel gesetzt habe, um Amerika zu verteidigen und zuletzt auf Probezeit im Pentagon einen Job innegehabt habe. Perdu. Der ehemalige Kämpfer fiel, sehr zum Missfallen Waters‘, der von Trump-Alleinherrscherberater Elon Musk orchestrierten Entlassungs-Orgie im Staatsapparat zum Opfer. Kein Einzelfall. 

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Unter den zehntausenden Staatsangestellten, die Musk per Federstrich aus dem Erwerbsleben schubste, sind ausweislich sozialer Medien viele, die 2024 und davor aus Überzeugung Donald Trump gewählt haben und sich nun entgeistert die Augen reiben. Darüber, dass Musks Inquisitoren auf ihrem wahnhaften Streifzug durch die Ministerien keine Verwandten kennen.

Musk (links) und Trump im Oval Office: Radikaler Kahlschlag in den US-Behörden.
Musk (links) und Trump im Oval Office: Radikaler Kahlschlag in den US-Behörden. © AP/dpa | Alex Brandon

So erlebte es ein behinderter Angestellter der Katastrophenschutz-Agentur FEMA. Der frühere Soldat, der mit seiner Frau vor den Toren Washingtons lebt, bekam die Rote Karte per E-Mail: „Die Agentur ist aufgrund Ihrer Leistung zu dem Schluss gekommen, dass Sie nicht nachgewiesen haben, dass Ihre weitere Beschäftigung bei der Agentur im öffentlichen Interesse wäre.“ Ergo: Rauswurf.

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Meine schwerste Entscheidung

Unter Trump heißt es jetzt für viele: Kettensäge gegen Seidenteppich

Der Geschasste holte im Gespräch mit Medien beglaubigte Zeugnisse seines früheren Arbeitgebers hervor, die ihm „hervorragende Leistungen“ bescheinigen. Er hat seinen Kongress-Abgeordneten und eine Schiedsstelle für Regierungsangestellte eingeschaltet und will kämpfen. „Ich habe für Donald Trump gestimmt. Aber das habe ich nicht erwartet“, sagte er in einem Interview und bat aus Sorge vor Animositäten um Anonymisierung. „Wir hätten nicht gedacht, dass sie mit der Kettensäge einen Seidenteppich zerschneiden würden.“ 

Im Gegenteil. Man ging davon aus, dass 13 Jahre Militärdienst in der Marine und Luftwaffe nebst ehrenhafter Entlassung eine Art Schutzwall vor „DOGE“, der Spar-Eingreiftruppe von Musk, bieten würde. Fehleinschätzung. Musks Kürzungs-Furor macht auch vor treuen Parteigängern keinen Halt. 

Auch nicht vor hochsensiblen Regierungsbereichen. Der oberste Kostenkiller von US-Präsident Donald Trump und sein Pseudo-Ministerium für „Regierungseffizienz“ (DOGE) ließ just über 300 Angestellte einer Behörde entlassen, deren Kürzel – NNSA – selbst in Amerika nicht jedem geläufig ist. Die dem Energie-Ministerium unterstellte Einheit beaufsichtigt und modernisiert rund 3000 atomare Sprengköpfe. Als die Sache aufflog, zog die Regierung die Reißleine und bat die Geschassten um Rückkehr. Eine Kurs-Korrektur mit Seltenheitswert.

Jüngste Umfragen belegen: Das Treiben von Elon Musk, der von niemandem gewählt wurde, im Regierungsapparat stößt immer mehr Amerikanern sauer auf.
Jüngste Umfragen belegen: Das Treiben von Elon Musk, der von niemandem gewählt wurde, im Regierungsapparat stößt immer mehr Amerikanern sauer auf. © AFP | JIM WATSON

Elon Musk: Zehntausende Regierungsangestellte über Nacht entlassen

Mit offensiver Duldung Trumps und ohne parlamentarisches Mandat hat Team Musk in den ersten vier Wochen seit Amtsantritt des 47. US-Präsidenten zehntausende Regierungsangestellte (genaue Zahlen legt das Weiße Haus immer noch nicht vor) über Nacht in die Arbeitslosigkeit getrieben. Ohne jeden unabhängig überprüfbaren Beleg für die Behauptung, dass besagte Abteilung x oder y Steuergeld verschwendet haben soll. Ziel ist es, drei Viertel der drei Millionen Staatsbediensteten zu entlassen und den defizitären Staatshaushalt so um rund 2000 Milliarden Dollar zu entlasten. Kein Bereich bleibt ausgespart. 

Hunderte Mitarbeiter der Arzneimittelbehörde (FDA), die sich um die 1, medizinischen Apparaten und Medikamenten kümmern, wurden ohne Angaben von Gründen vor die Tür gesetzt. Auch haufenweise Forscher und Analysten der Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH) müssen gehen. Bei der Umweltbehörde EPA, die wichtige Standards im Klimaschutz setzt, waren 400 Angestellte betroffen. 

Die staatliche Entwicklungshilfe-Agentur USAID mit ihren 10.000 Angestellten, die weltweit Armen und Kranken helfen, ist bereits so gut wie vollständig geschreddert. Am Freitag erlitten klagende Entlassene vor Gericht eine Niederlage. Weitere 1700 Angestellte der in den USA beliebten Verbraucherschutzbehörde CFPB standen just vor verschlossen Türen - gefeuert. Im Bildungsministerium kappten Musks „Fahnder” 90 Verträge im Volumen von 900 Millionen Dollar; dahinter stehen Hunderte Angestellte, die überflüssig geworden sind. 200.000 Mitarbeiter mit Zeitverträgen oder in Probezeit sollen ebenfalls abgebaut werden. Auch Dutzende Staatsanwälte im Justizministerium und leitende Agenten der Bundespolizei FBI fielen – weil ihnen mangelnde Loyalität zu Trump vorgeworfen wird – der Säuberungsaktion zum Opfer.

Der US-Präsident an Bord der „Air Force One“.
Der US-Präsident an Bord der „Air Force One“. © AFP | ROBERTO SCHMIDT

Trump und der DOGE-Kahlschlag: Von der Toilette zurück, Rechner plötzlich gesperrt

Die Stilistik dabei spottet jeder Beschreibung. So berichtete eine Mitarbeiterin der Entwicklungshilfe-Agentur USAID, dass ihre Kündigung spätabends per E-Mail gekommen sei. Als die Frau vom Gang zur Toilette wieder an ihrem Arbeitsplatz erschien, war ihr Zugang zum Computer-System gesperrt.

Ob die Kündigungswelle Bestand haben wird, ist offen. Dutzende Klageverfahren sind anhängig. Betroffene machen massive Verstöße gegen Bürgerrechte, Datenschutz und Arbeitsrecht geltend. Trump will sich davon nicht bremsen lassen. Er sucht den ultimativen Schutzschirm: grünes Licht des Obersten Gerichtshofs. Präzedenzfall wird der Rausschmiss von Hampton Dellinger, Chef der Bundesbehörde, die Leute schützt, die innere Missstände anzeigen (whistleblower). Per Eilantrag soll Amerikas höchstes Gericht die begründungslose Entlassung Dellingers bestätigen. Tut es das im Sinne einer maximalen Auslegung präsidialer Befugnisse, hätte Trump nach Einschätzung von Analysten „völlig freie Hand beim Staatsumbau”.