Washington/New York. Im Schweigegeld-Prozess um den Porno-Star Stormy Daniels bekommt der designierte US-Präsident das mildeste Strafmaß. Was bedeutet es?

Zu den Noch-nie-dagewesen-Premieren, die sich mit Donald Trump verbinden, kommt am 20. Januar eine hinzu, die ihn nachhaltig ärgert.

Trotz des ausgesprochen milden Strafmaßes im Schweigegeld-Prozess um den Porno-Star Stormy Daniels am Freitag in New York – er bekam in Abwesenheit eine „bedingungslose Freilassung” zugesprochen – ist der Republikaner der erste Präsident in der amerikanischen Geschichte, der als „verurteilter Straftäter” (convicted felon) auf den Treppen des Kapitols den Amtseid ablegen wird. 

Für Trump ein Stachel im Fleisch, der schmerzen wird, bis ein Berufungsverfahren für ihn positiv ausgehen sollte, was Jahre dauern kann und ungewiss ist. „Er wollte nicht verurteilt werden, weil das das offizielle Urteil wäre, dass er ein verurteilter Schwerverbrecher ist“, erklärte Cheryl Bader, Rechtsprofessorin an der Fordham University in New York.

Strafprozesses gegen Ex-US-Präsident Trump
Richter Juan Merchan leitete den Prozess gegen Donald Trump vor dem Strafgericht in Manhattan. © DPA Images | Elizabeth Williams

Bevor Richter Juan Merchan zur Sache kam, schüttelte Trump, der von seinem Anwalt Todd Blanche begleitet wurde, mehrfach unwirsch den Kopf. Trump nahm per Video-Konferenz aus seinem Florida-Domizil Mar-a-Lago an dem Gerichtstermin teil. Blanche erklärte, der Prozess gegen seinen Mandanten hätte niemals eröffnet werden dürfen. Trump selber erklärte: „Das war eine sehr schreckliche Erfahrung. Ich habe nichts Falsches getan. Ich bin komplett unschuldig.“

Trump: Ich habe nichts Falsches getan. Ich bin komplett unschuldig

Trump war im vergangenen Mai von einer zwölfköpfigen Geschworenen-Jury in New York wegen 34 Kapitalverbrechen schuldig gesprochen worden. Dabei ging es um Fälschung von Geschäftsunterlagen seiner Firma. 

Trumps früherer Privat-Anwalt Michael Cohen hatte vor der ersten Wahl Trumps 2016 eine Schweigegeldzahlung in Höhe von 130.000 Dollar an den Porno-Star Stormy Daniels eingefädelt. Damit sollten Medienberichte über eine kurze sexuelle Liaison unterdrückt werden, die Daniels nach eigenen Angaben mit Trump vor über zehn Jahren hatte. Trump bestreitet das bis heute. 

Stormy Daniels laut Anwalt erleichtert über Prozessende
Porno-Star Stormy Daniels. Sie will eine Affäre mit Trump gehabt haben. Er bestreitet das. © DPA Images | Ringo H.W. Chiu

Bei der Verbuchung der Rückzahlung der Summe an Cohen in Raten wurde laut Urteil gegen diverse Gesetze verstoßen. Nach den Statuten in New York hätte Trump dafür mit einer Gefängnisstrafe von bis zu vier Jahren belegt werden können. 

Sein Status als Präsidentschaftskandidat und jetzt designierter Präsident hat Richter Juan Merchan, der am Morgen das Strafmaß nach ausgiebigen Vorreden von Staatsanwaltschaft und Verteidigung erläuterte, dazu bewogen, Trump eine „bedingungslose Freilassung” zu gewähren. 

Von einer Freiheitsstrafe hatte der von Trump regelmäßig als parteiisch verunglimpfte Jurist bereits vor Wochen Abstand genommen. Im Gegensatz zu einer bedingten Entlassung, bei der Verurteilte zum Beispiel eine Entschädigung zahlen oder gemeinnützige Arbeit leisten müssen, gibt es für Trump keine Auflagen. 

Allein, sein Status als verurteilter Straftäter wird damit kurz vor seiner Amtseinführung als 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bis auf Weiteres zementiert. „Dieser schwarze Fleck wird für ewig an ihm kleben“, sagten Analysten im US-Fernsehen.

„Dieser schwarze Fleck wird für ewig an ihm kleben“

In einer bereits vorher veröffentlichten 18-seitigen Begründung wies Merchan darauf hin, dass der einstimmige Schuldspruch vom Mai durchaus eine Verurteilung zugelassen hätte. Vergleichbare Fälle enden in New York oft mit Bewährungs-, Geld- oder Gefängnisstrafen bis zu einem Jahr. 

Schweigegeld für Pornostar: Richter will Urteil gegen Trump nicht aufheben

weitere Videos

    Im Falle Trumps wäre dies jedoch eine Entscheidung gewesen, „die das Volk nicht mehr als praktikable Empfehlung ansieht”, schrieb der Richter. Das von ihm gewählte Strafmaß bezeichnete Merchan als „die praktikabelste Lösung, um die Endgültigkeit zu gewährleisten“.

    Merchan ging detailliert darauf ein, dass Trump und seine Anwälte über Monate jeden juristischen Weg ausgeschöpft hätten, um den Prozess zu kippen, den Schuldspruch anzufechten und eine Strafmaß-Verkündung zu verhindern. „Der Angeklagte hat sich sehr bemüht, in den sozialen Medien und anderen Foren seinen mangelnden Respekt gegenüber Richtern, Geschworenen, Grand Jurys und dem Justizsystem als Ganzes zu verbreiten“, stellte Merchan fest. Trotzdem wünschte der Richter dem künftigen Präsidenten „viel Erfolg“ in der zweiten Amtszeit.

    Erst der Oberste Gerichtshof in Washington beschied den Vorstoß Trumps am Donnerstagabend endgültig abschlägig. Mit 5:4-Richterstimmen entschied der Supreme Court gegen den designierten Präsidenten. Was überraschend kam, hatte das 9er-Gremium doch erst im vergangenen Sommer festgestellt, dass Präsidenten teilweise Immunität vor Strafverfolgung genießen. 

    Im Prozess im Frühjahr 2024 war Trump täglich präsent und hielt vor der Presse sein persönliches Tribunal gegen die Justiz ab. Am Freitag, als das Strafmaß verkündet wurde, sah er per Videokonferenz aus Florida zu.
    Im Prozess im Frühjahr 2024 war Trump täglich präsent und hielt vor der Presse sein persönliches Tribunal gegen die Justiz ab. Am Freitag, als das Strafmaß verkündet wurde, sah er per Videokonferenz aus Florida zu. © AFP | Steven Hirsch

    Während die Richter Clarence Thomas, Samuel Alito, Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh Trumps Begehren unterstützten, wiesen der Oberste Richter John Roberts, seine konservative Kollegin Amy Coney Barrett und die drei liberalen Richterinnen Sonia Sotomayor, Elena Kagan und Ketanji Brown Jackson das Ansinnen ab. Mit der Begründung, dass die „Belastung“ für den kurz vor Übernahme der Amtsgeschäfte stehenden Präsidenten durch das Strafmaß „relativ unwesentlich” sei, da ihm ja eine „bedingungslose Freilassung” zuteil werde. Alles Weitere könne im Rahmen eines normalen Berufungsverfahrens geklärt werden.

    Einfacher ausgedrückt: Trump bekommt eine extrem milde Strafe – er soll sich nicht so anstellen und kann ja sowieso in Berufung gehen. Zunächst wäre die Berufungskammer in Manhattan am Zug. Sollte Trump dort unterliegen, können seine Anwälte das höchste Gericht des Bundesstaates in Albany einschalten. Diese Verfahren können Monate oder Jahre dauern. Eins kann Trump aber nicht: Er kann sich auch nach seiner Wahl zum Präsidenten nicht selbst begnadigen. Die Anklage stammt vom Bundesstaat New York. So weit reicht Trumps Arm selbst als „Commander-in-Chief” nicht.