Kiew/Moskau. Russland zufolge gab es eine ukrainische Offensive in Kursk. Selenskyj schlägt derweil einen humanitären Korridor für russische Zivilisten vor.
Russischen Angaben zufolge hat die Ukraine sechs Monate nach ihrer ersten Offensive in der westrussischen Region Kursk einen neuen Angriff gestartet. Die russische Armee habe eine „versuchte Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte vereitelt“, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Donnerstag. Demnach fanden die Kämpfe in der Gegend um die wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernten Ortschaften Ulanok und Tscherkasskaja Konopelka statt. Diese liegen südöstlich der Stadt Sudscha, die sich weiterhin unter ukrainischer Kontrolle befindet.
Die Ukraine setzte für die Offensive nach russischen Angaben zwei Bataillons der mechanisierten Infanterie sowie Kampfpanzer und weitere gepanzerte Fahrzeuge ein. Ukrainische Behörden machten zunächst keine Angaben zu der neuen Offensive. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lobte in Online-Netzwerken jedoch die in Kursk eingesetzten Soldaten und zeichnete mehrere Einheiten aus. „Der Besatzer kann und sollte auf seinem eigenen Staatsgebiet geschlagen werden“, schrieb Selenskyj weiter. Der Einsatz in Kursk verdeutliche das Prinzip „Frieden durch Stärke“.
Ukraine bietet humanitären Korridor an
Unterdessen zeigte sich die ukrainische Regierung offen für die Einrichtung eines humanitären Korridors in der Region Kursk. „Wir sind bereit, einen humanitären Korridor von der Region Kursk bis in die Tiefen Russlands zu öffnen, wenn die Russische Föderation offiziell darum bittet“, erklärte die ukrainische Präsidentschaft am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Damit soll demnach Hunderten russischen Zivilisten in der von der ukrainischen Armee kontrollierten Region die Rückkehr in das von Russland kontrollierte Gebiet ermöglicht werden.

„Offenbar wollen die Russen einen solchen humanitären Korridor nicht, denn wir haben keine entsprechende Anfrage von ihnen erhalten“, erklärte das Büro von Präsident Wolodymyr Selenskyj weiter. Es warf Moskau „Gleichgültigkeit“ gegenüber dem Schicksal seiner eigenen Bürger vor.
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Der Kreml hatte zuvor mitgeteilt, er tue „alles“ in seiner Macht Stehende, „um unseren Bürgern zu helfen, die sich aufgrund der aggressiven Handlungen des Kiewer Regimes in einer so schwierigen Situation befinden“, äußerte sich jedoch nicht öffentlich zu der Idee eines humanitären Korridors. Diese Frage hänge „von Kontakten ab, die von unseren Militärs geführt werden“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag vor Journalisten. Diese könnten „natürlich nicht öffentlich gemacht werden“.
In der Region leben noch etwa 1500 Menschen
Die Ukraine hatte Anfang August 2024 überraschend eine Offensive in Kursk gestartet. Nach anfänglichen ukrainischen Erfolgen und Gebietsgewinnen konnten die russischen Streitkräfte inzwischen einen Großteil der verlorenen Gebiete zurückerobern. Die Ukraine kontrolliert derzeit noch dutzende Ortschaften, in denen nach jüngsten Angaben der Armee derzeit noch etwas mehr als 1500 Zivilisten leben. Seit August nahm die Ukraine in Kursk nach eigenen Angaben mehr als 900 russische Soldaten in Kriegsgefangenschaft.
Kiew zufolge sind die Gebietsgewinne in Kursk eine wichtige Verhandlungsmasse für mögliche Friedensgesprächen mit Russland, dessen Truppen an der Front in der Ostukraine stetig an Boden gewinnen. Schon Anfang Januar hatte die Ukraine einen begrenzten Angriff gewagt, um ihren Brückenkopf auf russischem Gebiet zu erweitern. Dieser wurde abgewehrt. Die neuerliche Attacke findet genau ein halbes Jahr nach dem ersten Vordringen der Ukrainer auf russisches Staatsgebiet bei Kursk statt.
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