Berlin. Läuft die Migration in Deutschland so, wie es sich die Bevölkerung wünscht? Und ist die Brandmauer nun Geschichte? So lief „Hart aber fair“.

Zum ersten Mal wurde eine Mehrheit im Deutschen Bundestag durch die Stimmen der AfD ermöglicht. Einen „eklatanten Wortbruch“ von Friedrich Merz (CDU) nennt das der Politologe Albrecht von Lucke im ARD-Talk „Hart aber fair“. Er weist darauf hin: „Am Ende müssen sie Kompromisse machen und einen Koalitionspartner finden.“

Ob es dennoch richtig war, dass CDU und CSU die Stimmen der AfD bewusst in Kauf genommen haben, will Moderator Louis Klamroth von Thorsten Frei (CDU) wissen. Der findet, es sei „notwendig“ gewesen. Und erntet Applaus aus dem Publikum, als er sagt: „Die Leute erwarten zu Recht, dass die Politik ins Handeln kommt.“

„Hart aber fair“: Das waren die Gäste:

  • Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion (CDU)
  • Matthias Miersch, Generalsekretär (SPD)
  • Beatrix von Storch, stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion (AfD)
  • Amira Mohamed Ali, Parteivorsitzende (BSW)
  • Isabel Schayani, Journalistin und „Weltspiegel“-Moderatorin
  • Albrecht von Lucke, Politologe und Publizist „Blätter für deutsche und internationale Politik“

Doch in Zeiten, in denen wir eine Welle der Übernahme durch rechtsradikale Kräfte in Europa und weltweit erleben, so von Lucke, mache die CDU Anstalten völlig „ohne Not“ solch eine Mehrheit herzustellen. Das sei absehbar gewesen. Hätte die Union einen „ruhigen, soliden Wirtschaftswahlkampf gemacht, dann wäre ihre verfassungsrechtliche Zuverlässigkeit nicht infrage gestellt worden“, so sein Urteil.

Hart aber fair_ 3. Februar 2025
Moderator Louis Klamroth erörterte mit seinen Gästen bei "Hart aber fair" am Montagabend die Frage "Merz und die AfD: Ist die Brandmauer Geschichte?". © ARD-Mediathek | Screenshot

Dass Altkanzlerin Merkel sich in die Debatte eingeschaltet hat, wiegt von Lucke zufolge „schwer“. „Es geht um mehr als darum, welche Migrationspolitik gemacht wird“, sagt er. „Die Frage ist, ob das der europäische Weg ist, den man hier geht?“

BSW-Vorsitzende: „Lasse mir nicht von AfD vorschreiben, was ich richtig finde“

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch spricht von einer „gezielten Planung“, einem „Alleingang“ – und erntet dafür Applaus. „Merz hätte gemeinsam mit uns reden sollen und nicht wie ein kleiner Trump alles beschließen sollen“, wettert er. Amira Mohamed Ali ist Parteivorsitzende vom BSW und sieht das anders. Sie sagt: „Wir stimmen nach Inhalten ab, ich lasse mir von der AfD nicht vorschreiben, was ich richtig finde.“ Dieses man-müsse-nein-sagen, wenn die AfD ja sage, habe die Partei groß gemacht.

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Journalistin und „Weltspiegel“-Moderatorin Isabel Schayani hingegen zeigt sich besorgt, dass die symbolische Wirkung der vergangenen Woche auf die Menschen mit Migrationsgeschichte in diesem Land schadet. „Das reißt an diesem zarten Pflänzchen ‘Wir’, das in den letzten Jahren entstanden ist, dass die Union mit ihrer Art von Wahlwerbung darauf rumtrampelt“, findet sie.

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Thorsten Frei widerspricht dem vehement. Das Thema der Migration nicht anzugehen und somit ein Thema, das viele Menschen hierzulande bewege, würde sie weiter von Rechtsextremen überzeugen.

„Hart aber fair”: Politologe mit Spitze gegen Friedrich Merz

Mit welch geschwollener Brust die AfD aus der letzten Woche rausgeht, zeigt an diesem Abend jedenfalls die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion (AfD) Beatrix von Storch. Ihre Partei setze Themen, die politische Agenda, sagt sie. Und dem muss der Politologe Albrecht von Lucke zustimmen: „Die AfD setzt die Agenda und die CDU läuft hinterher“, urteilt er. Und setzt eine Spitze gegen Merz: „Statt einfach mal machen, könnte man ja einfach mal denken. Das wäre meine Devise.“ Und Isabel Schayani ergänzt: „Es gibt einige Probleme, ja, aber die Schlüsse der AfD sind falsch und menschenfeindlich und es ist unerhört, dass die CDU darauf anspringt.“

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Als es dann um konkrete Inhalte, Stichwort Zuwanderungsgesetz und Fünf-Punkte-Plan geht, wird es immer wieder laut, vieles gerät durcheinander. Die AfD will „lückenlose Grenzkontrollen“, doch auf Nachfrage spricht von Storch dann von „Schwerpunkten“ an bestimmten Grenzübergängen. Und auch ansonsten bleibt einiges vage: Wäre es in Deutschland nicht mehr möglich, Asyl zu beantragen? Thorsten Frei windet sich um eine konkrete Antwort, spricht von Drittstaatenlösungen und Kontingenten.

Und die SPD, macht die Politik gegen die Mehrheit, die laut aktuellen Umfragen zu 57 Prozent für Zurückweisungen an den Grenzen ist? Nein, findet Miersch. „All diese Probleme wird man nur europäisch lösen können“, sagt er. „Die AfD bekämpft man nicht, wenn man auch populistisch ist.“