Washington. Donald Trump startet in seine zweite Amtszeit. Er wird sich auf einen Rachefeldzug begeben – und hat niemanden mehr, der ihn bremst.
Es ist das anrüchigste politische Comeback der jüngeren Geschichte. Am Montag wird ein Mann mit der Hand auf der Bibel schwören, die amerikanische Verfassung zu bewahren, zu schützen und zu verteidigen, der vier Jahre zuvor an einem beispiellosen kriminellen Versuch beteiligt war, die legitimen Ergebnisse der Präsidentschaftswahl von 2020 zu kippen. Nur um selbst an der Macht zu bleiben. 77 Millionen Amerikaner sahen darüber hinweg und wählten Donald Trump trotzdem (oder gerade deswegen).
Anders als 2017, als ein Novize ins Weiße Haus gespült wurde, der sich durch Anfängerfehler fortlaufend selber ein Bein stellte, bekommt die Welt es ab heute mit einem Mann zu tun, der mehr weiß als damals und vor politischer Kraft kaum laufen kann.
Trump wird mit seiner Macht wohl kaum uneigennütziger als 2017 umgehen
Mit dem Wahlergebnis gegen Kamala Harris im Rücken, mit einer stromlinienförmig ergebenen Partei, doppelten Mehrheiten im Kongress, einem gefügigen Obersten Gerichtshof, einer geschwächten vierten Gewalt und dem unbedingten Willen, Amerika einer Rosskur zu unterziehen, startet mit Donald Trump der wohl mächtigste US-Präsident der vergangenen Jahre in seine letzte Amtszeit.
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Aber nichts spricht dafür, dass Trump-2025 mit dieser Macht besonnener, fairer, ausgewogener, überparteilicher, berechenbarer, uneigennütziger und gemeinwohlorientierter umgehen wird als Trump-2017. Die Wird-schon-nicht-so-schlimm-werden-Verklärungen sind darum trügerisch.
Es fehlen die Korrektive in Trumps Kabinett
Mit Donald Trump kann heute niemand garantieren, dass die Vereinigten Staaten eine liberale, dem Rechtsstaat verpflichtete Demokratie bleiben, die sich weiter den Idealen des Westens verschreibt.
Seine auf Nationalismus und Protektionismus fußenden Drohungen an das In- wie Ausland sind mehr als Lippenbekenntnisse eines Polit-Entertainers, der von Provokation und Tabubruch lebt.
Weil Trump sich fast ausschließlich mit Jasagern und Extremisten umgibt, fehlen diesmal jene Korrektive im Kabinett, die 2017 das Schlimmste verhindern konnten.
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Apathie hat sich in den USA breitgemacht
Dass es dazu kommen konnte, liegt neben dem tiefen Versagen der Demokraten nicht zuletzt an der Apathie, die sich in den USA breitgemacht hat. Das Land ist nach zehn Jahren Dauerbeschallung durch Trump (im Juni 2015 annoncierte er seine erste Kandidatur) wie wund gescheuert. Der Maga-Virus hat die Nation ausgewrungen. Wer Trump entkommen kann, der tut es. Der legt Zeitungen beiseite. Der schaltet Fernsehen und Smartphone-Dreckschleudern wie X ab. Wer sich weiter kritisch mit seinen Grenzüberschreitungen beschäftigt, gilt vielerorts als Beckmesser und Masochist. Der große Rest hat sich mit ihm arrangiert. Wie kann das sein?
Gesellschaften haben leider die Tendenz, auf destruktives Verhalten an der Spitze mit Absenkung ihrer Standards zu reagieren. Was vor zehn Jahren auch in Amerika Schockwellen auslöste, erzeugt heute oft nicht mehr als ein Schulterzucken. Man gewöhnt sich an (fast) alles. Aber an Donald Trump darf man sich nicht gewöhnen.
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Trump wird sich an seinen Widersachern rächern
Allen Beschwichtigungsreden zum Trotz: Er wird sich reihenweise an Widersachern in Politik und Gesellschaft rächen und damit Staat und Gesellschaft schwächen. Der Apparat dazu ist vorhanden, willfährige Helfer gibt es genug. Hat er schon gewonnen?
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Dass von Wirtschaftsbossen über Medienkonzerne bis hin zu den ersten Demokraten gerade eine fast flächendeckende Kapitulation stattfindet und Amerika vor einem labilen Autokraten vorauseilend auf die Knie geht, darf nicht entmutigen. Nicht zur verwechseln mit Dauerempörung: Demokratie braucht wehrhafte Demokraten. Gerade jetzt.
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