Berlin. Die nächtlichen Attacken der Ukrainer haben offenbar einen größeren Einfluss auf den Krieg als bislang angenommen. Jetzt legt Kiew nach.

Sie fliegt bei Nacht durch die Wälder, steht im Bunde mit dem Teufel, springt auf die Rücken ihrer Opfer und hetzt sie zu Tode – so lautet eine Variante des Mythos um „Baba Jaga“. In der slawischen Fabelwelt gilt sie als eine populäre Hexengestalt, oft unbarmherzig und grausam. Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine steht der Name passenderweise für eine ganz besondere Strategie. Und die ist laut jüngerer Hinweise weitaus effektiver als bislang angenommen.

Als „Baba Jaga“ bezeichnen russische Soldaten ukrainische Kampfdrohnen, die in der Nacht zum Einsatz kommen. In Wahrheit handelt es sich um eine Vielzahl unterschiedlicher Drohnen-Modelle. Für die russische Seite ist in der Dunkelheit aber meist kaum auszumachen, um welchen Typ es sich tatsächlich handelt. Laut US-Magazin „Forbes“ geht es unter anderem um die Modelle Vampire, R18, Nemesis und Kazhan. Sie haben vier, sechs oder acht Rotoren, tragen zehn bis 20 Kilo schwere Sprengladungen und können an die 20 Kilometer weit gesteuert werden.

Bislang standen die ukrainischen Hexen-Drohnen kaum im Fokus von Militärbloggern. Doch neue Auswertungen zeigen, dass die nächtlichen Attacken aus der Luft einen größeren Schaden in den russischen Reihen verursachen als bisher angenommen. Dass ihre Wirkung bislang als begrenzt wahrgenommen wurde, hat einleuchtende Gründe: Attacken bei Tageslicht bringen häufig hochauflösende Videoaufnahmen hervor, die in den sozialen Medien große Weiterverbreitung finden. Von den Hexen-Drohnen gibt es meist hingegen weniger eindrucksvolle Wärmebild-Aufnahmen. Auch die unmittelbaren Schäden eines Nachtangriffs sind häufig nicht leicht zu bestimmen.

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Ukraine: Hexen-Drohnen für „eine enorme Zahl von Verlusten“ verantwortlich

Die schweren Drohnen haben einen entscheidenden taktischen Nachteil: Aufgrund ihres Gewichts sind sie sehr laut und für die russische Flugabwehr vergleichsweise leicht auszumachen. In der Nacht hingegen wird ein Abschuss unwahrscheinlicher. Offizielle Zahlen über nächtliche Einsätze und Opfer gibt es zwar nicht, die ukrainische Militärführung scheint aber von der Effektivität der Hexen-Drohnen überzeugt: Laut „Forbes“ hat Kiew jüngst etwa 2000 Stück gekauft, weitere sollen der Armee von privaten Spendern zur Verfügung gestellt worden sein.

Der Militäranalyst Andrew Perpetua schreibt: „Die Ukraine ist dazu übergegangen, schwere Bomberdrohnen zur Zerstörung von Fahrzeugen einzusetzen und verzeichnet mit dieser Methode täglich eine enorme Zahl von Verlusten.“ In einer Datenauswertung schätzt er, dass sich die Zahl der Hexen-Drohnen-Angriffe im November 2024 gegenüber dem Oktober verdoppelt habe. Auffällig sei zugleich, dass die russischen Truppen offenbar bisher nicht in der Lage seien, vergleichbare Angriffe mit eigenen Modellen zu starten. Stattdessen würden gekaperte ukrainische Drohnen eingesetzt und modifiziert werden.

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Die Angst der Russen vor „Baba Jaga“ treibt in russischen Telegram-Chats mittlerweile ganz eigene Blüten. So erzählen sich Putins Soldaten, die Hexen-Drohnen würden verwundete Männer mit ihren Metallklauen packen und mit ihnen davonfliegen. Gegen Maschinengewehr-Feuer seien sie immun, nur ein Flammenwerfer könnte sie aufhalten. Dies allerdings gehört wiederum ganz sicher in die Welt der slawischen Fabeln.