Washington. US-Präsident Joe Biden warnt zum Abschied: Oligarchie der Superreichen und Tech-Milliardäre bedroht die Demokratie. Eindeutige Spitzen in Richtung Trump.
Damit hatte kaum jemand gerechnet: Joe Biden, Amerikas 46. Präsident, hat nach einem halben Jahrhundert politischer Karriere in seiner Abschiedsrede an die Nation am Mittwochabend neben den üblichen patriotischen Versatzstücken eine ungewöhnliche klare Warnung hinterlassen, die weit über ihn hinaus weist.
Der 82-Jährige sprach vor laufender Kamera am Resolut Desk des Oval Office im Weißen Haus von einer „gefährlichen Machtkonzentration“ bei einigen wenigen wohlhabenden Menschen in den Vereinigten Staaten, die ihn sehr besorge – eine kaum verhohlene Breitseite gegen Nachfolger Donald Trump, der sich mit informellen und formellen Beratern umgibt, von denen viele Millionäre und Milliardäre sind.
Joe Biden warnt vor „Oligarchie“ in den USA
„Heute nimmt in Amerika eine Oligarchie von extremem Reichtum, Macht und Einfluss Gestalt an, die unsere gesamte Demokratie, unsere Grundrechte und unsere Freiheit sowie die faire Chance für alle, voranzukommen, wirklich bedroht“, sagte Biden in seiner knapp 20-minütigen Ansprache.
Ohne Namen zu nennen, war klar, dass der Demokrat aus Pennsylvania damit in erster Linie die Tech-Milliardäre des Silicon Valley und der Social-Media-Giganten meinte, von denen einer, Elon Musk, es in den engsten Zirkel des künftigen Präsidenten Donald Trump gebracht hat.
Bidens Warnung erinnerte an Eisenhower
Bidens Worte klangen wie der Appell an ein Land, sich seiner Wurzeln zu besinnen und seine traditionellen Werte nicht auf dem Altar eines neuen populistischen Nationalismus zu opfern. Seine Warnung vor einer ungewählten Oligarchie, die in Amerika die Macht übernimmt, erinnerte an Präsident Dwight Eisenhowers Warnung vor dem militärisch-industriellen Komplex.
Bemerkenswert: Biden trat sein Amt 2021 mit dem Versprechen an, die Normalität in der US-Regierung (nach vier chaotischen Trump-Jahren) wiederherzustellen. Er verlässt sein Amt in der Überzeugung, dass das demokratische System ernsthaft bedroht ist und einer umfassenden Veränderung bedarf.
Kein Präsident soll vor Verbrechen gefeit sein
Als da wäre: Er forderte eine auf 18 Jahre beschränkte Amtszeit für Richter am Obersten Gerichtshof und ein Verbot für Kongressmitglieder, mit Aktien zu handeln. Und er sagte: „Wir müssen die Verfassung ändern, um klarzustellen, dass kein Präsident, keine Präsidentin vor Verbrechen gefeit ist, die er oder sie während seiner oder ihrer Amtszeit begeht.“
Der scheidende Präsident beklagte, dass „mächtige Kreise“ den unter seiner Präsidentschaft erzielten Fortschritt im Kampf gegen den Klimawandel „zurückdrehen wollen – aus Profitgier“.
Biden: Amerikaner werden von „Lawine von Desinformation begraben”
Ausgiebig widmete sich Biden den Kollateralschäden des Internet-Zeitalters. Amerikaner würden von einer „Lawine von Desinformation begraben“. Soziale Medien (wie Facebook) „geben das Faktchecking auf“. Biden warnte vor den Risiken der Künstlichen Intelligenz, die „unser Leben, unsere Sicherheit“ gefährde und klarer Regelung und Kontrolle bedürfe.
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Zu Beginn seiner Ansprache, die bewusst auf das ausführliche Aufzählen innen- und außenpolitischer Errungenschaften verzichtete, wies Biden auf den erzielten Verhandlungs-Erfolg um einen Waffenstillstand zwischen Hamas und Israel hin; der auf einen im vergangenen Frühjahr von seinem Team präsentierten Plan zurückgehe. Biden betonte, dass seine Regierung Donald Trump immer ins Bild gesetzt habe – „so wie es unter Amerikanern sein sollte“.
Biden mahnt, demokratische Institutionen zu respektieren
Gleichwohl folgte eine indirekte Mahnung an seinen Nachfolger auf dem Fuße. „Nach 50 Jahren im Zentrum all dessen weiß ich, dass der Glaube an die Idee Amerikas bedeutet, die Institutionen zu respektieren, die eine freie Gesellschaft regieren“, sagte er, bevor er mehrere Institutionen aufzählte; darunter die Präsidentschaft, die Presse und die Gerichte, die Trump jahrelang angegriffen hat. Biden nutzte die Freiheitsstatue in New York, um zu beschreiben, wofür die Vereinigten Staaten stünden. Er bezeichnete sie als „ein beständiges Symbol für die Seele unserer Nation“.
Im Beisein etlicher Familienmitglieder, First Lady Jill Biden sowie Vizepräsidentin Kamala Harris samt Ehemann Doug Emhoff erklärte Biden zum Abschluss: „Ihr seid die Liebe meines Lebens und das Leben meiner Liebe. Jetzt seid ihr an der Reihe, Wache zu stehen. Möget ihr alle die Hüter der Flamme sein. Möget ihr den Glauben bewahren. Ich liebe Amerika. Ihr liebt es auch. Gott segne euch alle. Möge Gott unsere Truppen beschützen. Danke für diese große Ehre.“
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