Berlin. Der US-Präsident macht in einer Pressekonferenz krude Ankündigungen zu Gaza. Ein Völkerrechtler erklärt, was die Pläne bedeuten würden.
US-Präsident Donald Trump hat Pläne für die Zukunft des kriegszerstörten Gazastreifens vorgelegt, die umgehend auf viel Kritik gestoßen sind. Der Küstenstreifen am Mittelmeer mit rund zwei Millionen palästinensischen Einwohnern solle in den „Besitz“ der USA übergehen, sagte Trump im Beisein des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Washington.
Christoph Safferling, Professor für Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, kritisiert diese Rhetorik scharf. Er sagt im Interview mit unserer Redaktion: „Trump missachtet jegliche Regeln des Völkerrechts.“
Bei der Pressekonferenz zum Gazastreifen sagte US-Präsident Donald Trump, er sehe die USA in einer „langfristigen Eigentümerposition“. Unter ihrer Führung könne das Gebiet zu einer „Riviera des Nahen Ostens“ werden. Wie ist das völkerrechtlich zu bewerten?
Christoph Safferling: Solche Äußerungen eines US-Präsidenten sind jenseits des Völkerrechts. Trump missachtet jegliche Regeln des Völkerrechts. Er inszeniert sich als ein Staatschef, der ein Land für sich einnimmt. Palästina ist ein von vielen Ländern der Welt anerkannter Staat, mit einer autonomen Verwaltung und Führung, zu dem auch der Gazastreifen gehört. Das ist ein De-facto-Staat, dem nach der UN-Charta eine territoriale Integrität zusteht. Trump ignoriert das Völkerrecht vollständig. Und die aktuelle Kriegssituation ändert das nicht. Sicherlich kann Israel im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen eine Besatzungsmacht sein. Das ist aber immer nur vorübergehend. Annexionen sind im Völkerrecht nicht vorgesehen.
Trump sagte auch, wie viele Palästinenser er zwingen wolle, den Gazastreifen zu verlassen: „Alle! Ich denke, wir reden über wahrscheinlich 1,7 Millionen, vielleicht 1,8 Millionen Menschen. Ich denke, sie werden in Gebiete umgesiedelt, wo sie ein schönes Leben führen können und sich nicht jeden Tag Sorgen machen müssen, getötet zu werden.“ Sind das ethnische Säuberungen?
Safferling: Ethnische Säuberungen sind keine völkerrechtliche Kategorie. Es gibt den Schutz von Minderheiten, und solche Pläne von Trump bedeuten eine massive Verfolgung von Minderheiten. Trumps Pläne wären Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wir reden über schwerste Straftaten, wenn so ein Plan umgesetzt wird. Wie das geschehen soll, kann man sich aber nur schwer vorstellen. Sicher ist die Forderung Trumps zwar verantwortungslos, aber von der Meinungsfreiheit gedeckt. Es ist Teil einer Kommunikationsstrategie – maximale Forderungen, dann zurückrudern, Deals machen.
Wie ist die Stationierung vom US-Militär im Gazastreifen völkerrechtlich zu bewerten?
Safferling: Eine Stationierung von Militär als Friedenstruppen ist nicht undenkbar. Völkerrechtlich ist die Voraussetzung jedoch eine Einladung durch die beteiligten Kriegsparteien, also die Palästinenser und der Staat Israel. Bei Trumps Ankündigungen reden wir jedoch nicht von Friedenstruppen, sondern von einer Besatzungsmacht.
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