Berlin. Überraschend hat die Ukraine eine Gegenoffensive in Kursk gestartet. Von dem Verlust eines russisch-nordkoreanischen Bataillons ist die Rede.
Die russische Region Kursk gilt als wichtiger Pfand der Ukraine. Schließlich hatte der designierte US-Präsident Donald Trump bereits angekündigt, den Krieg innerhalb kürzester Zeit beenden zu wollen. Und so scheint es, dass die Ukraine die Region als Verhandlungsmasse für potenzielle Friedensgespräche halten möchte.
Nach dem überraschenden Vorstoß im August auf das Territorium Russlands sah es zuletzt allerdings nicht gut aus: Das russische Militär hatte in monatelangen schweren Kämpfen knapp die Hälfte des besetzten Gebiets zurückerobert. Am Wochenende aber startete die Ukraine dann aber überraschend eine Gegenoffensive.
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Ukraine: Generalstab meldete schwere Gefechte
„Die Russen in der Region Kursk machen sich große Sorgen, weil sie aus mehreren Richtungen angegriffen wurden und dies für sie überraschend kam“, kommentierte der Generalstab in Kiew die jüngsten Entwicklungen. Bis zum späten Sonntagabend hatte sich beide Seiten noch schwere Kämpfe geliefert. Der Generalstab in Kiew meldete in seinem abendlichen Lagebericht insgesamt 42 einzelne bewaffnete Zusammenstöße in der westrussischen Region. „Zwölf Gefechte dauern zur Stunde noch an“, hieß es.
Russische Medien berichteten am Abend hingegen lediglich über abgewehrte Drohnenangriffe bei Kursk. Über Verluste, Erfolge oder veränderte Frontlagen machten beide Seiten keine Angaben. Zwischenzeitlich hatte Russland rund 50.000 Soldaten, unter ihnen rund 10.000 Kämpfer aus Nordkorea in der Region zusammengezogen.
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Gegenoffensive: So soll die Ukraine taktisch vorgehen
Laut dem den russischen Sicherheitsbehörden nahestehenden Telegram-Kanal Masch rückten „die Männer der ukrainischen Armee in kleinen Gruppen“ vor. „Die Gesamtzahl ihrer Truppen beläuft sich auf 2000.“
Pro-russische Militärblogger räumten ein, dass die russische Armee in Kursk unter Druck geraten sei, dass Moskau aber zurückschlage. Auf dem einflussreichen pro-russischen Telegram-Kanal Rybar hieß es: „Die Hauptereignisse der nächsten versuchten Offensiver der ukrainischen Armee liege eindeutig noch vor uns.“
Bilder auf Telegram zeigten angeblich eine Kolonne ukrainischer gepanzerter Fahrzeuge, die durch den Schnee fuhr. Minenräumfahrzeuge machen den Weg dabei frei. Den russischen Militärbloggern zufolge nutzt Kiew auch stark Funkstörungsmechanismen, um die russischen Drohnen auszuschalten. Als Hauptstoßrichtung gilt die Ausfallstraße nach Kursk nordöstlich der Kleinstadt Sudscha, die die Ukrainer bei ihrer überraschenden Sommeroffensive einnehmen konnten.
Selenskyj: Armee verliert russisch-nordkoreanisches Infanteriebataillon
Erst am Samstagabend hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von schweren Verlusten russischer Einheiten beim Versuch der Rückeroberung des Gebiets Kursk berichtet. „Bei Kämpfen heute und gestern allein im Umkreis der Ortschaft Machnowka im Gebiet Kursk hat die russische Armee ein Infanteriebataillon nordkoreanischer Soldaten und russischer Fallschirmjäger verloren“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft am Freitag. Unabhängig waren die Angaben nicht überprüfbar. Ein Bataillon der russischen Streitkräfte hat offiziellen Angaben nach eine Truppenstärke von bis zu 500 Mann.
In den vergangenen Wochen sind immer wieder Videos aufgetaucht, die Sturmversuche russischer Einheiten – teilweise verstärkt durch nordkoreanische Soldaten – im Gebiet Kursk zeigen sollen. Zu sehen sind dabei vielfach vernichtete russische gepanzerte Fahrzeuge und getötete Soldaten. Militärexperten erklären die überhastet wirkenden Angriffsversuche mit dem Ziel Moskaus, noch vor der Amtseinführung Trumps möglichst viel Boden gutzumachen, um in den erwarteten Verhandlungen eine gute Ausgangsposition zu haben.
Laut US-Außenministers Antony Blinken ist die Lage der ukrainischen Streitkräfte in der russischen Grenzregion von entscheidender Bedeutung für künftige Verhandlungen. „Ihre Position in Kursk ist wichtig, denn sie ist sicherlich ein Faktor bei den Verhandlungen, die im kommenden Jahr zustande kommen könnten“, sagte Blinken am Montag am Rande seines Besuchs in Südkorea. Die scheidende US-Regierung unter Präsident Joe Biden wolle sicherstellen, dass Kiew im Falle von Verhandlungen „die bestmöglichen Karten hat“, fügte er hinzu.
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