Düsseldorf. Im Fall des Solingen-Attentäters Issa al-H. gab es viele Pannen. Zieht NRW die richtigen Lehren aus den Versäumnissen?
Ein Untersuchungsausschuss des Landtags wird sich im neuen Jahr mit möglichen Versäumnissen der Regierung im Zusammenhang mit dem Terroranschlag von Solingen beschäftigen. Mit einer Reihe von Anfragen erhöht die SPD-Landtagsfraktion vor dem Beginn der Zeugenbefragungen den Druck auf NRW-Flucht- und Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne).
Gescheiterte Abschiebung: Warum wussten die Behörden nichts von Issa al-H.s Abwesenheit?
Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat will von der Ministerin unter anderem wissen, warum die Zentralen Ausländerbehörden nicht schon früher Zugriff auf die An- und Abwesenheitssysteme in Landeseinrichtungen hatten.
Der Hintergrund: Am 23. August 2024 hatte der mutmaßliche Täter Issa al-H. beim Fest zum Solinger Stadtjubiläum mit einem Messer wahllos auf Besucher des Festes eingestochen und dabei drei Menschen getötet und acht verletzt. Der Syrer, der offenbar aus islamistischen Motiven handelte, hätte sich zum Zeitpunkt des Anschlags nicht mehr in Nordrhein-Westfalen aufhalten dürfen. Eine schon vorbereitete Abschiebung nach Bulgarien, wo er einen ersten Asylantrag gestellt hatte, scheiterte aber, weil er am Tag der geplanten Überstellung nicht in seiner Paderborner Unterkunft angetroffen wurde. Ministerin Paul hatte im Landtag erklärt, dass nun Informationslücken über An- und Abwesenheiten von Asylbewerbern in Landeseinrichtungen schnellstmöglich geschlossen würden.
Zu starre Fristen beim Ausreisegewahrsam: Was soll sich in NRW hier ändern?
Mehrere SPD-Anfragen zielen auf die bisher starren Fristen beim Ausreisegewahrsam. Die Rückführung eines Ausreisepflichtigen soll künftig nicht mehr, wie im Fall von Issa al-H., an der Begrenzung des Ausreisegewahrsams auf 28 Tage scheitern, wenn erkennbar sei, dass die Ausreise zeitnah doch noch erreicht werden könne. Die Abgeordnete Kapteinat will unter anderem wissen, wie oft Abschiebungen in NRW wegen der bisher starren Frist schon gescheitert seien und wie sich die Landesregierung die Frostverlängerung im Detail vorstelle. Schließlich soll Ministerin Paul erklären, wie oft sie sich seit ihrem Amtsbeginn mit den Zentralen Ausländerbehörden und mit den für diese Ämter zuständigen Regierungspräsidenten ausgetauscht habe.
Solingen-Terror: Landesregierung reagiert mit „Sicherheitspaket“
Die Landesregierung hat nach dem Anschlag von Solingen ein großes „Sicherheitspaket“ beschlossen. Es gebe „zeitgemäße Antworten auf eine neue Gefährdungslage“, so NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Zu den Maßnahmen zählen ein besserer Datenaustausch zwischen den Behörden, drei zusätzliche Asylkammern bei den Verwaltungsgerichten, eine Erweiterung der Zuständigkeit der fünf Zentralen Ausländerbehörden im Zusammenhang mit Abschiebungen sowie ein weitere Abschiebehaftanstalt.
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) „Terroranschlag vom 23. August 2024“ soll in den ersten drei Monaten 2025 sechsmal tagen. Den Vorsitz hat der frühere NRW-Justizminister und Ex-SPD-Landesvorsitzende Thomas Kutschaty (SPD).