San Francisco. Russland attackiert die Ukraine mit einer Mittelstreckenrakete. Tritt der Krieg in eine neue Phase ein oder ist die Rakete eine Botschaft?
Der Kreml eskaliert. Russland setzte im Ukraine-Krieg eine neue Mittelstreckenrakete ein. Kremlchef Wladimir Putin bestätigte am Abend ihren Einsatz. Es ist eine Botschaft:
- Russland sucht die Entscheidung;
- es kann militärisch nachlegen;
- und die Waffe mit einem nuklearen Sprengkopf bestücken.
Eine Machtdemonstration, das zweite Mal binnen wenige Tage. Gerade erst hatte er die Doktrin für den Einsatz von Nuklearwaffen verschärft. Die Hemmschwelle sinkt. Wer die Ukraine unterstützt, riskiert einen Weltkrieg. Das ist die Botschaft. Und ein Einschüchterungsversuch.
Reaktion mit Ansage
Der Zeitpunkt wurde mit Bedacht gewählt. Es ist die Antwort darauf, dass die USA und Verbündete der Ukraine erlaubt haben, mit Kurzstreckenraketen und mit Marschflugkörpern größerer Reichweite (300 statt 165 Kilometer) direkt Ziele in Russland anzugreifen.
Eine entsprechende (harte) Reaktion hatte Außenminister Sergej Lawrow angekündigt. Die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten suchten die Eskalation, sagte er. Lawrow suggeriert, dass Russland nicht die Ukraine überfällt, sondern sich nur gegen den Westen wehrt.
Zerstörungskraft hängt vom Sprengkopf ab
Die Frage ist, ob es bei einer Demonstration bleibt. Fakt ist: Die Rakete mit dem Namen „Oreschnik“ ist nach Putins Worten wie nach westlichen Erkenntnissen noch in der experimentellen Phase. Es ist eine Waffe, von der es naturgemäß nur wenige Exemplare geben kann. Zudem ist es eine ausgesprochen teure Art der Kriegsführung.
Für die Opfer in der ukrainischen Stadt Dnipro macht es keinen Unterschied, wie viele Kilometer eine Waffe zurücklegt; ob gar eine Langstreckenrakete abgefeuert wurde, wie zunächst in der Ukraine spekuliert worden war.
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Schwer zu verteidigen
Zur groben Orientierung: Kurzstreckenraketen reichen bis maximal 800 Kilometer, Mittelstreckenraketen bis etwa 2700 Kilometer, Langstreckenraketen bis 5500 Kilometer, Interkontinentalraketen darüber hinaus. Das eine ist die Technik, das andere sind die (Abrüstungs)Vertragswerke mit teilweise anderen Typisierungen und Reichweiten.
Für die Zerstörungskraft ist der Sprengkopf entscheidend. Im Ukraine-Krieg sind schon weitaus stärkeres Waffen als jetzt in Dnipro zum Einsatz gekommen, mit größeren Sprengköpfen, so etwa 1,5 Tonnen schwere Gleitbomben.
Die Ukraine war gewarnt
Der taktische Vorteil in der Ukraine bestand möglicherweise darin, dass das ukrainische Patriot-Luftabwehrsystem überfordert sein könnte, unter anderem wegen der Geschwindigkeit in der Endphase und aufgrund der Flugkurve. Die Rakete kam durch.
Es heißt, dass die Amerikaner die Entwicklung befürchtet und die Ukraine gewarnt hätten. Erst am Vortag hatten sie vorsichtshalber ihre Botschaft in Kiew zeitweise geschlossen. Sie nehmen die Drohungen aus Moskau überaus ernst.
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Putin nutzt das Machtvakuum aus
Nach den hohen Verlusten, personell wie materiell, bezweifeln westliche Experten, dass Russland „sein derzeitiges Offensivtempo aufrechterhalten“ kann, wie das Institute of Study of War analysiert. Schon die Hilfe Nordkoreas wurde als Zeichen der Schwäche gedeutet. Nach der gleichen Logik ließe sich der Rückgriff auf weitreichende Waffen, sogar im experimentellen Studium, ähnlich so einordnen.
Die Lage an der Front hat sich verschlechtert. Die russischen Streitkräfte haben in diesem Jahr schätzungsweise sechsmal so viele Geländegewinne gemacht wie im Vorjahr. Dazu kommt politisch das Machtvakuum im Westen, weil sowohl in den USA als auch in Deutschland Regierungen auf Abruf stehen. Bevor insbesondere Donald Trump US-Präsident wird, will Putin Fakten schaffen. Mit aller Macht, mit allen Waffen.
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