Wien. Der ukrainische Präsident baut die Regierung großflächig um, hochrangige Politiker gehen. Überraschend kommt die Umbildung nicht.

Sie war lange erwartet worden. Jetzt ist sie da: Die Umbildung der ukrainischen Regierung. Am Dienstag hatte der Fraktionschef der Präsidentenpartei „Diener des Volkes“, David Arakhamia, angekündigt: „Morgen ist der Tag der Entlassungen und übermorgen der Tag der Ernennungen.“ Und so kam es.

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Außenminister Dmytro Kuleba hat seinen Rücktritt eingereicht. Olha Stefanishyna (stellvertretende Ministerpräsidentin) und Iryna Wereschtschuk (Vize-Premierministerin und Ministerin für die Reintegration besetzter Gebiete) taten es ihm gleich. Auch Denys Maljuska (Justizminister), Ruslan Strilez (Umweltminister ) und der Minister für strategische Industrien, Oleksandr Kamyschin, verabschiedeten sich aus ihren Ämtern.

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Die stillen Helden im Krieg

Im Krisenmodus

Ukraine-Krieg: Enger Vertrauter Selenskyjs tritt zurück

Es steht eine grundlegende Neuaufstellung des Kabinetts in Kiew an. Rund die Hälfte der Kabinettsposten soll neu besetzt werden, hieß es zuletzt aus dem Umfeld von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Betroffen sein dürften neben den Ministerposten auch Stellvertreter und Posten in anderen Staatsstrukturen. So legte der Chef des staatlichen Immobilienfonds seine Funktion nieder. Gerüchte gab es um eine Rochade an der Spitze des Kabinetts – also eine Absetzung von Premierminister Denys Shmyhal. Umbildungen gibt es auch im direkten Umfeld des Präsidenten: Rostyslav Shurma, stellvertretender Chef der Präsidialadministration und ebenso enger wie langjähriger Vertrauter Selenskyjs, tritt ebenfalls zurück.

Von einem „Reboot“ sprach Iryna Wereschtschuk. Der einflussreiche Abgeordnete Oleksandr Merezhko von der Präsidentenpartei „Diener des Volkes“ wies darauf hin: „Es ist eine große Umstrukturierung. Sie wurde schon vor langer Zeit erwartet.“

Gerade um Kuleba etwa gab es seit mehr als einem Jahr Gerüchte über einen bevorstehenden Rücktritt. Im vergangenen März hatte Selenskyj selbst einen großflächigen Umbau des Kabinetts angekündigt. Jetzt sollen die Rücktritte bei der nächsten Parlamentssitzung beraten, formell abgewickelt und Nachbesetzungen beschlossen werden.

Russlands Krieg gegen die Ukraine: Selenskyj will „Siegesplan“ präsentieren

In einer Video-Ansprache sagte Selenskyj, die staatlichen Institutionen sollten „so konfiguriert werden“, dass die Ukraine „alle Ergebnisse erzielt, die wir brauchen“. Selenskyj erwähnte in diesem Zusammenhang einen geplanten Besuch in den USA im kommenden Monat, im Zuge dessen er US-Präsident Joe Biden einen „Siegesplan“ vorlegen will. Selenskyj: „Zu diesem Zweck müssen wir einige Bereiche der Regierung stärken.“

In eine ähnliche Richtung wies der Abgeordnete Merezhko: „Vor uns liegen schwierige Zeiten, ein schwieriger Herbst und Winter. Vielleicht hat diese Umbildung etwas mit der neuen Zeit der Herausforderungen für die Ukraine zu tun.“


Allerdings hatte es bereits seit dem Frühjahr immer wieder Berichte über interne Reibereien im Kabinett gegeben. Zugleich könnten zum Teil auch individuelle Skandale und Skandälchen, die sich angehäuft haben, hinter den Absetzungen stecken.

Interessant ist zudem, dass noch sehr wenig über Nachbesetzungen bekannt ist. Lediglich eine mögliche Personalie lässt sich erahnen: die des Außenministers. Im Gespräch ist Andrii Sybiha, zuletzt stellvertretender Außenminister, zwischen 2021 und 2024 stellvertretender Chef der Präsidialverwaltung und davor Botschafter in der Türkei.