Düsseldorf. Von der Inneren Sicherheit bis zum Verkehr: Was 2017 versprochen wurde und wo die Landesregierung punkten konnte. Eine Blitzanalyse.

Wahltage sind bekanntlich keine Erntedanktage, aber man fragt sich am Ende einer Legislaturperiode schon: Hat die Landesregierung geliefert? Eine Blitzanalyse in den wichtigsten Politikfeldern:

Innere Sicherheit

CDU und FDP haben sich 2017 einer „Null-Toleranz-Strategie“ verschrieben. Die Zahl der Polizeianwärter wurde auf jährlich 2600 deutlich erhöht. Hinzu kommen 500 Verwaltungsassistenten, die Polizisten entlasten sollen. Die Ausstattung wurde mit Bodycams, Drohnen und Tasern verbessert. Die rechtlichen Befugnisse bei Video-Beobachtung, Ingewahrsamnahmen und strategischer Fahndung wurden deutlich erweitert. CDU-Innenminister Herbert Reul stieg zum populärsten Kabinettsmitglied auf und hat die Clan-Kriminalität sowie den Kampf gegen Kindesmissbrauch zu neuen Ermittlungsschwerpunkten gemacht. Bei der umstrittenen Räumung des Hambacher Forsts im rheinischen Braunkohlerevier, die 2018 den größten Polizeieinsatz der Landesgeschichte auslöste, schoss Reul jedoch übers Ziel hinaus. Der Wald wird heute noch immer von Umweltschützern bewohnt. Die Aufklärungsquote von Straftaten blieb eher schwach.

Fazit: gut

Bürokratieabbau/Digitalisierung

„Wir werden einen umfassenden Bürokratieabbau vorantreiben“, steht im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP. Ausgerechnet in der Ministerialbürokratie ist dies gründlich misslungen. Die Ministerien wurden um mehr als 1000 Stellen aufgebläht. Dennoch kann sich die Bilanz sehen lassen. Die Digitalisierung der Verwaltung wurde vorangetrieben, zum Beispiel bei der Gewerbeanmeldung und beim Bauen. Mobilfunknetze und schnelles Internet sind deutlich besser verfügbar als 2017, auch auf dem Lande, Schüler und Lehrer sind besser mit Computern ausgestattet. Die Opposition kritisiert zwar, dass von 44 Digitalisierungszielen der Regierung erst 14 umgesetzt seien, aber das Thema hat unter Schwarz-Gelb Fahrt aufgenommen

Fazit: gut

Schule und Kita

Erfolge wie die zügige Abwicklung des Uralt-Streitthemas G8/G9 an Gymnasien und das neue „Kita-Gesetz“ wurden überlagert durch die vielen unbesetzten Lehrer-Stellen, vor allem aber durch die Verzweiflung, in die die Landesregierung Lehrpersonal, Erzieherinnen und Erzieher, Betreuer, Schüler, Eltern und Kommunen während der Pandemie stürzte. Während das Ziel – so viel Präsenzunterricht und Kita-Betreuung wie möglich – durchaus vermittelbar gewesen wäre und in anderen Bundesländern ganz ähnlich verfolgt wurde, galt die Kommunikation des Schulministeriums als katastrophal. Schulmails „kurz vor knapp“, Regeländerungen übers Wochenende, das Ringen um Masken im Unterricht, der Streit mit den Städten um Distanzunterricht und zuletzt eine überstürzte Rückrufaktion von Corona-Tests sorgten für Frust. In einer „Forsa“-Umfrage für 39 Tageszeitungen („NRW-Check“) waren im Februar 73 Prozent der Befragten unzufrieden mit der Schulpolitik.

Fazit: schlecht

Wohnen

Neuen Wohnraum schaffen, „um den Mietpreisanstieg unter Kontrolle zu bringen“. Das war das Ziel, und es wurde unterm Strich nicht erreicht. Hohe Mieten und teure Immobilien drücken mehr denn je auf die Stimmung. Laut dem jüngsten „NRW-Check“ von Forsa sind sechs von zehn Befragten mit dem Angebot an bezahlbarem Wohnraum unzufrieden - das gilt besonders für Großstadtbewohner und für junge Menschen. Der Mieterschutz wurde sogar abgebaut. Die Zahl der Wohnungen stieg zwar leicht an, dennoch ist bezahlbares Wohnen ein Wahlkampfthema, mit dem SPD und Grüne punkten können. Bemerkenswert: CDU und FDP einigten sich nach vier Jahren auf eine Absenkung der Grunderwerbsteuer zumindest für junge Familien, und die NRW-Regierung stoppte kurz vor der Wahl nach massivem Protest die unpopulären Straßenausbaubeiträge.

Fazit: schlecht

Klima/Umwelt

Im Bundesländervergleich mag NRW zwar beim Ausbau der Windenergie vorne liegen, aber mit diesem Tempo ist keine Energiewende zu schaffen. NRW müsste den Ausbau der Windkraft verdreifachen, um seine eigenen Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Der Streit mit Klimaschützern um den 1000-Meter-Abstand von Windrädern zur Wohnbebauung zog sich durch die ganze Regierungszeit, das Solarpotenzial auf den Dächern blieb weitgehend ungenutzt, Naturschutzverbände kritisieren Schwarz-Gelb für fehlende Initiative beim Artenschutz, und der Flächenfraß schritt voran.

Fazit: schlecht

Finanzen

Mit den Landeshaushalten 2018 und 2019 wurden erstmals seit 50 Jahren keine neuen Schulden mehr gemacht. Allerdings musste dafür nicht gespart werden, weil es die Konjunktur sehr gut mit der Landesregierung meinte. Der von der Vorgängerregierung verhandelte Länderfinanzausgleich hilft NRW ebenfalls. Als Corona den Boom abwürgte, legte sich der öffentlich kaum wahrnehmbare Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) einen milliardenschweren „Rettungsschirm“ auf Pump zu, der aber nicht zum „Kernhaushalt“ gerechnet werden sollte. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Lösung der kommunalen Altschuldenproblematik wurde nie geliefert. Bei den Bildungsausgaben pro Kopf belegt NRW noch immer die Abstiegsränge unter den Ländern.

Fazit: mittel

Wirtschaft

NRW ist nicht mehr „Schlusslicht-Land“. Seit 2018 lag das Wirtschaftswachstum knapp über dem Bundesschnitt, auch der Arbeitsmarkt entwickelte sich besser. Trotz der Kritik am Corona-Management kam NRW vergleichsweise gut durch die Pandemie. Die Wirtschaft ist weniger stark eingebrochen als in anderen Bundesländern, was auch mit dem Branchenmix an Rhein und Ruhr zu tun hat. In sechs „Entfesselungspaketen“ hat der umtriebige FDP-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart die Unternehmen von zahlreichen Vorschriften befreit und mit Gründerstipendien sowie Forschungsmitteln die Start-up-Szene gefördert. Der Wohlstand bleibt ungleich verteilt: Die Armutsquote in NRW ist höher als im Bundesschnitt.

Fazit: gut

Verkehr

Die Landesregierung hatte 2017 den Staus den Kampf angesagt, doch die Staudauer ist sogar noch einmal gestiegen. Allerdings ist es gelungen, durch schnelle Straßenplanungen zwischen 2017 und 2020 zusätzliche Bundesmittel von fast 600 Millionen Euro nach NRW zu holen. Für Bus und Bahn wird heute mehr Geld ausgegeben. Und NRW hat ein erstes Fahrradgesetz.

Fazit: mittel

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